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boris
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Titel: Philip Roth - Täuschung
Verfasst am: Mi, 12 März 2008, 20:58 |
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Philip Roth - Täuschung
(Süddeutsche Zeitung | Bibliothek #89)
Nach "Der Verfolger" habe ich hier ein weiteres Buch aus der Serie "Süddeutsche Zeitung | Bibliothek" am Start, das mich am Wert dieser Serie zweifeln läßt.
Zum Inhalt: ein Mann betrügt seine Frau mit einer Frau, die mit ihm ihren Mann betrügt. Dieser fortgesetzte, doppelte Ehebruch wird im Buch dokumentiert, irgendwann jedoch kommt seine Frau (angeblich) hinter die Sache, weil sie seine Aufzeichnungen findet. Er ist allerdings Schriftsteller und erzählt ihr, das Ganze seien nur Recherchen für sein nächstes Buch.
Dann soll irgendwann die Grenze zwischen Täuschung und Realität völlig verschwimmen - soweit bin ich allerdings nicht gekommen (auch vom Entdecken der Aufzeichnungen habe ich nichts gemerkt), oder ich habe es nicht verstanden, denn nach ca. 100 Seiten (1/3 des Buches) habe ich aufgegeben, was mir äußerst selten passiert.
Natürlich ist Roth ein super Schriftsteller, natürlich schreibt er intelligente und tiefsinnige Sachen über die Juden und ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung (wie so häufig), über Politik und Zwischenmenschliches. Aber die Art und Weise, wie er sich dieser Sache hier annimmt, ist extrem nervend und zusätzlich auch noch totlangweilig.
Das komplette Buch besteht nur aus Dialogen (!), und zwar nicht aus Dialogen wie "Er sagte XY, worauf sie die Stirn runzelte und AB entgegnete ..." sondern alles, was man liest, sind ausschließlich wörtliche Reden ! Es wird zu keinem Zeitpunkt klar, wer gerade spricht (!), man erhält überhaupt keine Informationen über das Setting, über Gestik oder sonst irgend etwas, es wird leglich gesprochen, manche Absätze sind nur 1-2 Sätze lang, der Bezug fehlt oft auch völlig. Bis auf 3x "Lacht." zwischen zwei Gesprächsbrocken (auf 100 Seiten) gibt es nur Gespräche, und der Leser darf sich dann vorstellen, wer was warum und in welchem Zusammenhang erzählt.
Und als ob das nicht schon reichen würde, spielen die beiden (sollten es nur zwei sein, auch das wurde mir irgendwie nicht völlig klar) von Zeit zu Zeit "Realitätsverschiebung" und reden dann in den Rollen irgendwelcher anderer, fiktiver Personen, so daß man sich zusätzlich zu dem eh schon kaum zu verfolgenden Verlauf auch noch vorstellen muß, wer wen jetzt gerade "spielt".
Schriftstellerisch und inhaltlich mag diese Buchstabensammlung teilweise noch ok sein, aber selbst das ist mir zu anstrengend, es wird ständig erzählt und überaus nervig reflektiert - vielleicht fehlt mir irgend etwas in meinem Leben, aber ich rede nie so und habe auch sonst noch niemanden so reden gehört, wie die beiden Hauptpersonen in diesem Buch.
Nö, Herr Roth, langweilig, anstrengend, absolute Zeitverschwendung.
Und den Gedanken, sich die "50 großen Romane des 20. Jahrhunderts" aus dieser Reihe einfach mal alle zu beschaffen, weil die bei einer so kleinen Auswahl ja bestimmt schon super sein werden, habe ich auch ganz schnell mal wieder begraben - sicherlich sind einige gute dabei, aber die Zusammenstellung ist meiner Meinung nach SEHR mit Vorsicht zu genießen.
(Eins habe ich noch, das kommt direkt als nächstes dran.)
____________ beehave - home of humbug ... [we can't afford to be neutral]
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