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boris
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Titel: William Boyd - Eines Menschen Herz
Verfasst am: So, 01 März 2015, 14:29 |
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William Boyd - Eines Menschen Herz
"Eines Menschen Herz" (entliehen von Joseph Conrad "Herz der Finsternis") sind die fiktiven Tagebücher des fiktiven Schriftstellers Logan Mountstuart, geboren in Uruguay, gestorben in Frankreich, gelebt in England (Studium in Oxford) und New York (Geschäftsführer einer Galerie) als Autor und Kunsthändler.
Ein bisschen fühlt man sich erinnert an "Forrest Gump", denn viele Kapitel sind ein wahres "Namedropping", was zeitgenössische Gestalten angeht: Virginia Woolf, Ernest Hemingway, Pablo Picasso - Mountstuart kannte sie alle. Darüber hinaus wird er in historische Begebenheiten verwickelt: Im 2. Weltkrieg hat er es mit einem englischen Herzogpaar zu tun, das er bespitzeln soll, in den 70ern kommt er mit einer britischen Gruppe in Kontakt, die der RAF nahesteht und ihn mit einem Auftrag betraut, der nicht ohne Grund das Codewort "Mogadischu" trägt, außerdem springt er mit dem Fallschirm über der Schweiz ab und wird zwei Jahre inhaftiert. (Das sind nur einige wenig Begebenheiten auf den 500 eng bedruckten Seiten.)
Vorweg: Der Plan, eine fiktive Biografie anhand von Tagebüchern zu schreiben, ist hervorragend aufgegangen, Boyd knüpft nicht nur Verbindungen zum jeweiligen Ort und den Begebenheiten der Geschichte von 1923 bis 1991, er liefert auch direkt Fußnoten mit weiteren Erklärungen und ein Register mit Personen und (deren) Erlebnissen. An Glaubwürdigkeit büßt die Sache nur deshalb etwas ein, weil es einfach zuviel ist (s.o.) und kaum zu glauben, dass eine einzelne Person an derart vielen Dingen beteiligt gewesen sein soll. Trotz allem: Respekt vor dieser Leistung.
Aber: Literarisch gibt es da nicht viel zu holen, denn der authentische Tagebuch-Stil bedingt leider auch, dass eher kurze Notizen geliefert werden als tatsächlich toll formulierte Literatur. Auch inhaltlich gibt es nur eher zum Ende (bedingt durch die Altersweisheit des Protagonisten) ein paar Weisheiten und Dinge zum Nachdenken, der Rest bleibt eine - wenn auch nicht gänzlich uninteressante - Aneinanderreihung von Erlebnissen, die einen im Endeffekt aber nicht sonderlich berührt.
Fazit: Lob für Plan und Umsetzung, was das Buch aber zu dokumentarisch macht, daher aus literarischer Sicht keine Empfehlung.
____________ beehave - home of humbug ... [we can't afford to be neutral]
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