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boris
Beiträge: 11154
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Titel: Rainer Maria Rilke - Die Aufzeichnungen des Malte Laurids B.
Verfasst am: Mo, 03 Okt 2011, 08:04 |
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Rainer Maria Rilke - Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge
Gibt es bei amazon auch kostenlos als Kindle-Edition, außerdem in diversen Formaten beim Projekt Gutenberg, weil: alt (geschrieben 1904).
Nunja, es geht um die Aufzeichnung von MLB, das sind hauptsächlich Tagebucheinträge aber auch Briefe und sonstige Betrachtungen. Und genau hier liegt auch schon das Problem: das Ganze ist sehr uneinheitlich, dazu noch nicht linear erzählt und eher thematisch geordnet, es existiert keine durchgehende Handlung, so dass man quasi immer wieder neu einsteigen muss. Es gibt Absätze, die sind völlig unverständlich, andere dagegen wieder ganz hervorragend.
Rilke beobachtet unheimlich genau und beschreibt selbst kleinste Regungen und Erinnerungen mit absoluter Präzision und in grandioser Sprache. Höchster Respekt hierfür!
Bei wikipedia gibt's noch mehr über die Hintergründe, anscheinend war die Form des Romans (den Rilke selbst nie "Roman" genannt hat) neu und wegweisend, für mich leider: unlesbar. Ich habe zwar immer gut 3/4 gelesen, danach ging's einfach nicht mehr.
Aufgehört habe ich nach diesem sehr, sehr hervorragenden Absatz, trotzdem war der Antrieb noch weiterzulesen, weg:
Zitat: |
Wenn man von den Einsamen spricht, setzt man immer zuviel voraus. Man meint, die Leute wüßten, um was es sich handelt. Nein, sie wissen es nicht. Sie haben nie einen Einsamen gesehen, sie haben ihn nur gehaßt, ohne ihn zu kennen. Sie sind seine Nachbaren gewesen, die ihn aufbrauchten, und die Stimmen im Nebenzimmer, die ihn versuchten. Sie haben die Dinge aufgereizt gegen ihn, daß sie lärmten und ihn übertönten. Die Kinder verbanden sich wider ihn, da er zart und ein Kind war, und mit jedem Wachsen wuchs er gegen die Erwachsenen an. Sie spürten ihn auf in seinem Versteck wie ein jagdbares Tier, und seine lange Jugend war ohne Schonzeit. Und wenn er sich nicht erschöpfen ließ und davonkam, so schrieen sie über das, was von ihm ausging, und nannten es häßlich und verdächtigten es. Und hörte er nicht darauf, so wurden sie deutlicher und aßen ihm sein Essen weg und atmeten ihm seine Luft aus und spieen in seine Armut, daß sie ihm widerwärtig würde. Sie brachten Verruf über ihn wie über einen Ansteckenden und warfen ihm Steine nach, damit er sich rascher entfernte. Und sie hatten recht in ihrem alten Instinkt: denn er war wirklich ihr Feind.
Aber dann, wenn er nicht aufsah, besannen sie sich. Sie ahnten, daß sie ihm mit alledem seinen Willen taten; daß sie ihn in seinem Alleinsein bestärkten und ihm halfen, sich abzuscheiden von ihnen für immer. Und nun schlugen sie um und wandten das Letzte an, das Äußerste, den anderen Widerstand: den Ruhm. Und bei diesem Lärmen blickte fast jeder auf und wurde zerstreut. |
____________ beehave - home of humbug ... [we can't afford to be neutral]
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