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[TXT] Beetlejuice - Der fröhliche Heimwerker
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Der Archivar



Beiträge: 160

Titel: [TXT] Beetlejuice - Der fröhliche Heimwerker
Verfasst am: Mo, 04 Apr 2011, 17:03
Beitrag
Antworten mit Zitat

Autor: Beetlejuice
Datum: 1991

Code:
                         DER FROEHLICHE HEIMWERKER

                                 KAPITEL I

                             WIR BEERDIGEN OPA

Eine Situation wie sie unschoener kaum sein kann. Sie sitzen gemuetlich beim
geschmackvoll zugerichteten Abendessen, denken ueber die Entstehungsgeschichte
des Rosenkohls nach, freuen sich auf einen entspannten Abend im Kreise Ihrer
Kartoffelships und denken auch sonst an nichts dramatisches, als sie ploetzlich
ein undeutliches Roecheln wahrnehmen koennen. Ein kurzer Appell an den lo-
gischen Part Ihrer Gehirnstruktur verraet Ihnen zugleich, dass sich jenes
Geraeusch eindeutig von den Lauten unterscheidet, welche Ihr Schwiegervater
sonst beim allabendlichen Bekleckern seiner Person unter Zuhilfenahme der je-
weils gereichten Sauce, von sich zu geben pflegt. Sie beschliessen, Ihren Kopf
um 180 Grad zu drehen und stellen fest, dass besagtes Familienmitglied, ent-
weder Gefallen daran zu finden scheint, seinen Teller zu zerbeissen, oder
schlicht und ergreifend soeben von Ihnen gegangen ist.
Bei einer genauen Untersuchung, die aus einer Abwandlung des Pfanni-Knoedel-
Tests besteht und die Ihre Gabel unweigerlich in Opas Oberschenkel treibt,
stellen Sie fest, dass es rein optisch, logischer erscheint, die zweite Ihrer
beiden aufgestellten Theorien zu waehlen und stehen nun vor einem echt grossem
Problem. Sie muessen nicht nur auf Ihren Nachtisch verzichten, der von Ihrer
Frau als Vanillepudding mit Schokoladensauce deklariert wurde und Sie mehr an
das Toilettenerlebnis ihres letzten Herrenabends erinnert, sondern auch noch
die Beseitigung Ihres Familienmitgliedes einleiten.
Kosten ueber Kosten werden auf Sie zustroemen und Sie werden beginnen, jenen
Mann zu hassen, in dessen Bein noch immer Ihre Gabel steckt.
Fremde Menschen mit schwarzen Anzuegen und bleichen Gesichtern werden Ihnen
den letzten Pfennig aus der Tasche ziehen, nur weil man gemein hin davon ueber-
zeugt zu sein scheint, aus einem laecherlichen Allerweltsereignis eine staats-
aktaehnliche Atraktion gestalten zu muessen.
Der froehliche Heimwerker wird Ihnen in den folgenden Kapiteln helfen, die
Kosten fuer die Unterbringung Ihres Familienmitgliedes so gering wie moeglich
zu halten und Sie werden feststellen, dass basteln und organisieren recht viel
Spass fuer die ganze Familie bereiten kann.
Beginnen wir also, Ihren Opa systematisch und ohne Hektik unter die Erde zu
bringen. Denken Sie immer daran, dass die gemeinsame Bewaeltigung einer Auf-
gabe den Familiensinn Ihrer noch lebenden Angehoerigen betraechtlich steigert.

Kapitel 1. Sofortmassnahmen am Fundort

Besorgen Sie sich zunaechst einen reissfesten Muellsack, in den Sie Ihren Opa
artgerecht und luftdicht verpacken. Denken Sie daran, dass jede Minute, die
der sabbernde Teil von Opas Kopf auf Ihrem Teller ruht, der immerhin wichtiger
Bestandteil eines meist doch recht teuren Services darstellt, dazu fuehren
kann, dass Ihre Frau von Ihnen verlangt, es waere unappetitlich, weiterhin von
selbigem zu essen und man muesse sich nun ein neues Ess-Service zulegen.
Begeben Sie sich anschliessend zum Telefon und vereinbaren Sie mit Ihrem Haus-
arzt einen Termin. Denken Sie daran, dass ein abendlicher, ausserplanmaessiger
Einsatz Ihres Hausarztes unnoetige Zusatzkosten verursacht. Bestellen Sie be-
sagten Arzt fuer einen der folgenden Vormittage und lagern Sie Ihren Opa der-
weil auf Ihrem Balkon. Sollten Sie keinen Balkon besitzen, wird Ihnen nichts
anderes uebrig bleiben, als Opa im Keller zu verstauen. Es wirkt nicht gerade
beruhigend auf den Rest Ihrer Familie, beim gemeinsamen Fernsehabend unentwegt
auf einen blauen Muellsack auf dem Teppich starren zu muessen.
Beachten Sie desweiteren, dass Opa nicht zuviel Platz in Ihrem Keller einnehmen
sollte, da Sie selbigen in einem anderen Abschnitt dieser Anleitung noch benoe-
tigen werden. Zur Not reicht es, Opa unter Zuhilfenahme einiger dazu geeigneter
Naegel an die Kellerwand zu haengen. Sollten Sie sich nicht als allzu perfekten
Hammerhalter einschaetzen, versuchen Sie von einem Ihrer Nachbarn einen Tacker
zu leihen. Beachten Sie, dass sich weder Tesafilm, noch Sekundenkleber zur
fachmaennischen Anbringung Ihres Opas an der Kellerwand eignen.
Ist Opa erst einmal fachgerecht verstaut, haben Sie den schwierigsten Teil
Ihrer Mission bereits erfuellt. Sie sollten sich nun ausruhen und den Abend
unbedingt im Kreise Ihrer Familie verbringen. Spielen Sie ein nettes Gesell-
schaftsspiel oder laden Sie Ihre Familie in\'s Kino ein. Bedenken Sie, dass sie
Ihre Familienmitglieder in den folgenden Tagen noch benoetigen werden und machen
Sie sich bewusst, dass der Kostenfaktor, den wir ja so gering wie moeglich hal-
ten wollen, proportional zur Einsatzbereitschaft Ihrer Lieben sinkt oder steigt.

Kapitel 2. Vorbereitungen einer fachmaennischen Unterbringung

Denken Sie daran, dass Ihnen vom Gesetz her einige Dinge vorgeschrieben werden,
die Sie bei den nun folgenden Bastelarbeiten beachten sollten.
Nachdem Ihr Hausarzt Ihnen bestaetigt hat, dass das, was fachgerecht an Ihrer
Kellerwand baumelt, a) Ihr Opa war, der b) nun auch offiziell das Pech besitzt,
tot zu sein, geben wir Ihnen nun eine kleine, aber durchaus ausreichende Ueber-
sicht der moeglichen Unterbringunsarten.

a) die lautlose Verbrennung atmosphaerischer Natur
b) das rustikale Verbuddeln
c) das froehliche Ertraenken in seefachgerechter Umgebung
d) das beliebte Ausstopfen in gemeinsamer Heimarbeit

Punkt a) sollten Sie aus Ihren Ueberlegungen streichen. Denken Sie daran, dass
sich Ihre Nachbarn bereits nach Ihrem letzten Grillabend ueber staendige Rauch-
belaestigung beschwerten. Ausserdem koennte uebermaessige Rauchentwicklung da-
zu fuehren, dass sich anschliessend betraechtliche Teile Ihrer Wohnung in
einem stark renovierungsbeduerftigen Zustand befinden.
Punkt c) ist fuer Ihre Belange auch weitgehend ungeeignet, da es auf Ihre Ver-
wandschaft keinen besonders guenstigen Eindruck macht, die Beerdigung Ihres
Opas in Ihrem Badezimmer feiern zu muessen.
Punkt d) sollten Sie dann aus Ihren Ueberlegungen streichen, wenn Sie Kinder
Ihr Eigen nennen. Bedenken Sie, dass Kinder die Eigenart besitzen, mit den
unmoeglichsten Dingen zu spielen. Sie erwartet einiger Aerger, sollten Ihre
Baelger im benachbarten Kindergarten mit einem Ohr Ihres Opas auftauchen, wel-
ches sie gegen einen Tennisball zu tauschen versuchen.
Entscheiden Sie sich fuer Punkt b). Wir gehen einmal davon aus, dass Sie in
frueheren Tagen schon Erfahrungen im Umgang mit Sperrholz sammeln konnten, die
Ihnen bei einer rustikalen Verbuddelung nun ueberaus nuetzlich sind.
Doch bevor Sie sich nun in einigen Fachgeschaeften, auch Beerdigungsinstitute
genannt, Ideen und Anregungen fuer Ihre Schreinerarbeit holen, sollten Sie
einen Abstecher zur Bank Ihres verblichenen Opas machen und dessen Konto raeu-
men, bevor es andere tun.
Befinden Sie sich in einem Beerdigunsinstitut und schauen sich einige leicht
nachzubauende Modelle an, so vergessen Sie die Innenausstattung besagter Ob-
jekte. Ist erst einmal Gras ueber Ihrem Opa gewachsen interessiert sich kein
Mensch mehr fuer die Tatsache, dass Opa nun auf Samt und Seide gebettet liegt.
Eine alte Decke und ein Kissen tun es auch. Auch die Bekleidung Ihres Opas
spielt keine Rolle. Zwaengen Sie Ihn ruhig in Ihren alten Jogging-Anzug. Opa
soll schliesslich so in Erinnerung bleiben, wie man Ihn aus seinen besten Tagen
kannte. Sportlich und durchaus fitter als nun in Ihrem Keller haengend.
Besorgen Sie sich nun in einem Grosshandel, die von Ihnen sorgsam errechnete
Menge an Sperrholz, einige Naegel und Schrauben. Kaufen Sie anschliessend noch
ein paar Filzstifte und etwas Papier. Waehrend Sie im Keller an Opas zukuenf-
tiger Behausung arbeiten, koennen Ihre Kinder einige nette Sprueche auf o.a.
Papier verewigen, die Sie anschliessend an jene Zimmerpflanze heften, die
Ihnen sowieso schon immer im Wege stand und die Sie schliesslich als form-
schoenes Schmueckwerk Ihrer Bastelarbeit benutzen koennen.
Da ein Ableben nun doch eine gewisse Exklusivitaet besitzt und auch nicht allzu
haeufig im Leben eines Menschen auftritt, raten wir Ihnen, einige kleine
Effekte in diesen feierlichen Moment im Leben Ihres Opas einfliessen zu lassen.
Ein tragbarer Plattenspieler, sorgt fuer eine angenehme Atmosphaere. Beachten
Sie, dass es sinnvoll erscheint, zunaechst einige langsame Schallplatten abzu-
spielen, bevor Sie Ihre und Opas Gaeste mit Ihrer neuen Partymusik-Sammlung
begluecken. Ihre Frau kann waehrend Ihrer zeitaufwendigen Vorarbeit eine Art
Dankesrede schreiben, die Sie zu Beginn Ihrer Festilitaet verlesen sollten.
Achten Sie darauf, Ihre Rede nicht allzu ueppig zu gestalten, da sich er-
fahrungsgemaess eine gewisse Langeweile unter Ihren Partygaesten breitmacht,
wenn Sie stundenlang aus saemtlichen moeglichen und unmoeglichen Werken deu-
tscher Nachkriegsliteratur zitieren.

Kapitel 3. Die Ausfuehrung

Wir gehen davon aus, dass Sie alle bisherigen Anweisungen und Vorschlaege sorg-
sam befolgt haben und beschaeftigen uns nun mit dem letzten Kapitel Ihrer Un-
ternehmung. Die notwendigen Standardartikel stehen zur Ihrer Verfuegung und
Opa ruht zufrieden und gluecklich in seinem neuen Zuhause, welches nun prunk-
voll verziert in Ihrer Kueche steht.
Bemuehen Sie sich nun um eine Mitfahrgelegenheit, bei der es zu beruecksichti-
gen gilt, dass sie entweder ueber einen entsprechenden Laderaum verfuegen muss,
oder einen stabilen Dachgepaecktraeger aufweisen sollte.
In Ihrem Bekanntenkreis werden sich sicherlich Personen befinden, die Ihnen
eine solches Gefaehrt gerne fuer einen kleinen Zeitraum zur Verfuegung stellen.
Steht besagtes Automobil bereit, ist es an der Zeit einen geeigneten Ort aus-
zuwaehlen, sowie den Zeitpunkt der Feier zu bestimmen.
Suchen Sie sich einen Platz aus, dessen Boden nicht zu hart ausgepraegt ist.
Es kann zum Aergernis werden, Opa unter einem Buergersteig beerdigen zu wollen,
da Asphalt nun einmal die Angewohnheit besitzt, recht stabil zu sein.
Suchen Sie sich ein ruhiges Fleckchen in einer benachbarten Parkanlage. Sollten
Sie in einer Grossstadt wohnen, in der Ihnen eine solche Anlage nicht zur Ver-
fuegung steht, haben Sie dennoch die Gelegenheit, auf Fussballplaetze oder
Sandkaesten auf Kinderspielplaetzen auszuweichen. Haben Sie einen geeigneten
Ort gewaehlt, sollten Sie sich Gedanken ueber den Zeitpunkt machen. Versuchen
Sie herauszubekommen, ob in Ihrer Familie, in der naechsten Zeit, s.g. tradi-
tionelle Festilitaeten stattfinden. Hierbei denken wir vor allem an Geburts-
tage, Konfirmationen oder Heirat. Sprechen Sie sich mit den Ausfuehrenden o.a.
Festlichkeiten ab. Bedenken Sie, dass Sie fuer Ihr Anliegen nicht allzu viel
Zeit benoetigen und sich Ihre Holzarbeit vorzueglich zu dekorativen Zwecken bei
eine andere Feier eignet. Schlagen Sie vor, Opas Behausung als Tisch, Sitzbank,
oder Podium zur Verfuegung zu stellen. Setzen Sie sich nun einmal ruhig hin und
ueberlegen Sie, welches Ihrer Familienmitglieder Ihnen noch eine Gefaelligkeit
schuldet und benachrichtigen Sie jene Leute, einen Spaten zu Ihrer Feierlich-
keit mitzubringen. Lassen Sie Ihre Kinder auf einer benachbarten Wiese Gaense-
bluemchen pfluecken, die Sie anschliessend in einige Butterbrotsdosen packen
und von Ihren Lieben waehrend der Feierlichkeiten auf Opas neues Zuhause ver-
teilt werden. Dies gibt Ihrer Unternehmung einen zusaetzlichen Glanz und wird
Ihr Ansehen im Kreise Ihrer Angehoerigen deutlich steigern.

Das war doch alles gar nicht so schwer, oder?
Wir nehmen an, dass es Ihnen nun gelungen ist, Opa friedlich beizusetzen und
Sie stolz vor Ihrem Werk stehen, welches gerade von einigen Angehoerigen zu-
geschuettet wird. Vergessen Sie nicht, bevor Sie sich auf das Bueffet Ihrer
Partygenossen stuerzen, die Stelle, an der nun Opa ruht, zu kennzeichnen. Es
wird auch in Ihrer Verwandschaft s.g. unerschuetterliche Pessimisten geben, die
davon ueberzeugt sind, Opas neues Zuhause von Zeit zu Zeit aufsuchen zu mues-
sen. Machen Sie sich keine unnoetigen Feinde, indem Sie bei der Frage nach Opas
Versteck mit den Worten, \"weiss ich nicht mehr\", antworten muessen.
Sie wissen ja selbst am allerbesten, dass es nichts schoeneres gibt, als eine
intakte Familiengemeinschaft.
Freuen Sie sich vielmehr ueber Ihre gelungene Aktion und machen Sie sich be-
wusst, dass es Ihnen gelungen ist, durch die Hilfe des froehlichen Heimwerkers
sehr viel Geld zu sparen, welches Sie nun fuer andere schoene Dinge des Lebens
ausgeben koennen.
Sollten Sie mit dieser Anleitung zufrieden sein, empfehlen Sie uns ruhig
weiter. Und versaeumen Sie nicht die naechste Ausgabe des Ratgebers fuer ein
sozialeres Umfeld indem es dann heisst,

               \"UND WAS MACHEN WIR MIT DEM REST DER FAMILIE?\"

(c) by Beetlejuice 1991

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