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boris
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Titel: Paul Auster - Die Erfindung der Einsamkeit
Verfasst am: Mo, 13 Jun 2005, 09:42 |
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Paul Auster - Die Erfindung der Einsamkeit
Eins mal vorweg: was Klaus Modick in der Süddeutschen Zeitung über dieses Buch schreibt, beweist entweder, daß ich schwer von Begriff bin, oder das selbiger in seiner Freizeit fern-asiatische Telefonbücher auswendig lernt - denn "ein überraschend leicht lesbares Buch" ist diese Nummer auf keinen Fall.
Im ersten Teil erinnert sich Auster zum Tod seines Vaters an ihn - ein fast schon resignierter, recht düsterer Ausflug in seine Kindheit und in die Erinnerungen an seinen Vater, der ihm Zeit seines Lebens immer fremd blieb.
Er zeichnet ein sehr genaues Portrait des Mannes, der sich selbst fast nicht wahrzunehmen schien ("früheste Erinnerung: seine Abwesenheit") und nennt diesen Abschnitt auch recht treffend "Porträt eines Unsichtbaren".
Er stöbert zudem in der Familiengeschichte der Austers und zeigt hier Zusammenhänge auf, die später zu einem Grundstein seiner Arbeiten werden sollen: den Zufall.
Insgesamt gut zu lesen - sogar "überraschend leicht lesbar".
Aber jetzt kommt der zweite Teil: "Buch der Erinnerung"
Die Nummer ist alles andere als "leicht lesbar" - Auster schreibt hier über sich und seine eigene Biographie in der dritten Person ... das zwar sprachlich hervorragend (und hier besser als in allen anderen Büchern, die ich bisher von ihm gelesen habe), aber auch höchst anstrengend. Er dokumentiert sein unglaubliches Wissen, zitiert an jeder Ecke Proust, die Bibel und tausend andere Quellen, startet permanent seitenlange (sehr intelligente) Exkurse über die Erinnerung, Sprache, Jona im Bauch des Walfischs, Parallelen zu Pinocchio, etc. etc., bleibt aber immer fragmentarisch, was das Lesen extrem anstrengend (bis teilweise uninteressant macht).
Sprachlich - wie gesagt - ein absolutes Highlight, auch die aufgezeigten Zusammenhänge und Schlußfolgerungen zeugen von großer Belesenheit und literarischem Können, aber wirklich Spaß macht dieser Teil nicht.
Fazit: der erste Teil hat eine beklemmend hoffnungslose Stimmung, ist aber hochinteressant und gut geschrieben, der zweite Teil ist sprachlich hervorragend, aber man muß sich schon zwingen, dabeizubleiben ... für Auster-Unkundige ist vom Lesen des Buchs abzuraten, selbst hardcore-Fans werden ihre Schwierigkeiten haben.
Anders als bei anderen Auster-Büchern, die ich - sofern ich jemals in die Lage kommen sollte, kein ungelesenes Buch mehr zu Hause zu haben - jederzeit noch einmal lesen würde, wird dieses Buch bestimmt eher zum Sammeln einer größeren Portion Hausstaubs verwendet und irgendwann aussortiert.
____________ beehave - home of humbug ... [we can't afford to be neutral]
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