Kulinarischer Hochzeitstag

[UncleR]

Wir hatten unseren „großen Tag“.
Freunde waren geladen, der Tisch bereitet, wir erwarteten zudem noch den Übergang in ein neues Lebensjahr gen Mitternacht. Alles gute Gründe für ein festliches Bankett.

Als prickelnder Einstieg floß ein Champagner in die Kelche: Piper-Heidsieck „Cuvee Rare“. Sehr belebend, feinwürzig, etwas belanglos in Ausdruck, vielleicht auch etwas zu kühl serviert. Brauchte Luft.

Als Vorspeise für die Herren marinierten rohen Heilbutt mit Riesengarnelen, Kressedekor, feinstem Olivenöl und Meersalz. Dazu frisches Ciabatta. Die Damen genossen eine Trüffelpate auf herrlichem Brioche mit guter Butter.

Zur Hauptspeise – es gab mit Kräutern, Limetten und Pfifferlingen gefüllten Wolfsbarsch aus dem Ofen, in Butter gebratenes Pangasius- und Heilbuttfilet an Rosmarinkartöffelchen und frischen Babybohnen mit einer Spur Sauce Hollandaise – genehmigten wir uns einen wohlmundenden weißen Albarinho aus Galicien namens Ruiz (Jahrgang 2006), der zu den maritimen Speisen ganz hervorragend mit seiner Frische und Eleganz korrespondierte. Anschließend klang das große Hauptmahl mit einem weißen Priorato (Mas d’en Compte 2005) aus, der mit Karamelltönen, weicher und runder Frucht und reichlich Schwere fast schon ein flüssiges Dessert lieferte.

Nach etwas Pause für den Magen folgten Bio-Camembert aus Frankreich und der allseits sehr beliebte Picandou aux Herbes (also in Kräuteröl mit frischen Pfefferkörnern und Mini-Chilis), der von der bereits mehrfach beschriebenen, großartigen süßen Riesling-Auslese Goldkapsel Brauneberger Juffer Sonnenuhr 2006 aus dem Hause Lieser begleitet wurde. Ein fulminantes Aromenspektakel mit würzigen, mineralischen, fruchtigen, pikanten und honigsüßen Komponenten, dass sich zu einer rundum harmonischen Komposition vermählte.

Zur Überbrückung der Wartezeit auf den Geburtstagsknall genehmigten wir uns noch einen roten Bordeaux aus 1999 (Chateau Duhart-Milon, 5me Grand Cru), der seidig und feingewoben mit schöner Ziegelfarbe und angenehmer Trinkreife im Glas viel Freude bereitete. Kurz dekantiert und fröhlich genossen – ein Pauillac der angenehmeren Art...

Kurz nach Mitternacht dann nach der „echte“ Nachtisch: Ein frisch gebrühter Espresso, etwas Mandelvollmilchschokolade von der Confisserie Lohmann und ein ausgiebiger Brandy (Cardinal Mendoza), schön kredenzt im großen Schwenker, flambiert und abgelöscht auf mundwarme Trinktemperatur – ein großes, nein phänomenales Erlebnis der karamellisierenden Art. Weich wie in Seidentuch, durchdringend wie die Narkosenadel des Dentisten, erfüllend wie ein dreiwöchiger Urlaub auf der Rancho Relaxo.

„Lass uns mal bald nach Hause fahren“ warf einer unserer Gäste zur vorgerückten Stunde ein, und ich musste willkürlich lachen...

[boris]