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Film: Welt am Draht
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boris



Beiträge: 11195

Titel: Film: Welt am Draht
Verfasst am: Mi, 30 Okt 2013, 20:34
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Welt am Draht (1973)

Ein Film von Regie-Legende Rainer Werner Fassbinder und - das muss ich zu meiner Schande gestehen - der erste, den ich von ihm gesehen habe.

Vorlage für diesen Film war der Roman "Simulacron-3" von Daniel F. Galouye, dessen "Dunkles Universum" ich gelesen und für gut befunden habe. Völlig unverständlich ist, dass das Buch "Simulacron-3" aktuell nicht mehr aufgelegt wird und die noch erhältlichen Exemplare dadurch zu geradezu unmoralischen Preisen gehandelt werden.

Story: Fred Stiller beschäftigt sich mit der Programmierung eines Computers, der eine Welt simuliert und von "Einheiten" bevölkert wird, programmierten menschlichen Identitäten, die nicht wissen, dass sie nur innerhalb einer simulierten Realität existieren. Diese Realität soll dazu benutzt werden, mögliche zukünftige Entwicklungen vorherzusagen und darauf reagieren zu können, was einige Geschäftsleute zu ihrem Vorteil nutzen wollen. Grund zur Beunruhigung gibt aber eine andere Entwicklung: Einer von Stillers Kollegen verhält sich seit einiger Zeit auffällig, auch passieren seltsame Dinge, ein anderer Kollege verschwindet spurlos, es werden Gerüchte laut, dass auch die Protagonisten nur eine Simulation sind, die von einer weiter übergeordneten Welt kontrolliert werden.

Der Stoff wurde später als "The 13th Floor", noch einmal verfilmt, der durchaus sehenswert ist, da er aber fast gleichzeitig mit dem thematisch ähnlichen "Matrix" heraus kaum, ging er völlig unter.
(Die Idee der künstlichen Realität, in der Menschen leben, die davon nichts wissen, ist nicht neu, so gab es diese in einem Kapitel der "Sterntagebücher" von Stanislaw Lem schon 1957 (!), in dem ein verkabeltes Gehirn in einem Einmachglas meint, in einer realen Welt zu leben. Galouye kam 1965 mit seinem "Simulacron-3" heraus, 1970 schrieb Philip K. Dick "Irrgarten des Todes" mit einer ähnlichen Thematik - so viel zur innovativen Leistung von "Matrix" Smile )
Gemacht ist der Streifen auf jeden Fall hervorragend, speziell die Kameraführung (Michael Ballhaus!) ist Klasse, besonders die Szenen, in denen ständig Spiegel an jeder Ecke vorkommen (die sehr symbolisch verwendet werden), müssen eine harte Nuss gewesen sein, damit man nicht ständig eine Kamera zu sehen bekommt. Auch die sehr ruhige Machart kommt dem Film und der Entwicklung der Figuren zugute, der als Zweiteiler mit insgesamt etwas über 3h Länge ausgeführt würde.

Es gibt allerdings ein Manko, das dem Film fast die Empfehlung gekostet hätte (die ich trotzdem ausspreche, da es sich hierbei wirklich um einen filmischen Meilenstein handelt): Die Schauspieler. Klaus Löwitsch spielt die Hauptfigur, und das auch ganz gut, teilweise sind die Figuren aber derart steif, dass es schon unfreiwillig komisch wirkt, wie hölzern und lächerlich diese agieren. Und damit ist nicht nur Rainer Langhans gemeint (warum auch immer man den in einem Film unterbringen musste), der als Kellner glücklicherweise nur zwei halbe Sätze zu sprechen hat, die so steif vorgetragen werden, dass man ihm am liebsten links und rechts ein paar um die Ohren hauen würde. Auch die Hauptfiguren haben Szenen, in denen man kaum glauben kann, dass so etwas ernst gemeint sein soll. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das ein Zeichen dafür sein soll, dass die Figuren nicht echt, sondern nur simuliert sind, muss man schon extrem großzügig und leidenswillig sein, um sich diese ärgerliche Stümperei über die volle Länge reinzuziehen.

Fazit: Ein sehr beachtlicher Film, den man sich allein wegen seiner tollen Bilder ansehen sollte und um mal zu sehen, was gut 25 Jahre vor Matrix schon am Start war. Über die schauspielerische darstellerische Leistung muss man dabei bitte großzügig hinweg sehen.


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