|
Autor |
Nachricht |
boris
Beiträge: 11057
|
Titel: Stewart O'Nan - Alle, alle lieben dich
Verfasst am: Do, 19 Jan 2017, 23:50 |
|
|
Stewart O'Nan - Alle, alle lieben dich
Story: Kim, eine junge Frau, die in ein paar Wochen ihr Studium beginnen wollte, verschwindet. Niemand weiß etwas über ihren Verbleib, es ist offen, ob sie ausgerissen ist oder einem Verbrechen zum Opfer fiel. Ihre Familie informiert die Polizei, die Nachbarn, die Öffentlichkeit, druckt Flugblätter und sucht selbst nach der vermissten Tochter, aber sie bleibt verschwunden.
Und so geht es weiter ... zu Ende gelesen habe ich das Buch nicht, aber wenn man sich im Internet ein wenig umsieht, erfährt man auch den Schluss, und auch wiederum nichts. Und genau das ist das Problem der Geschichte: Es passiert einfach so gut wie gar nichts, es gibt keine wirkliche Handlung und keinen Spannungsbogen, es wird einfach eine vermisste Frau gesucht. (Der ziemlich dämliche deutsche Titel lautet im Original deutlich besser übrigens: "Songs for the missing".)
Was es hingegen gibt, ist tonnenweise innere Handlung über die Suchenden, insbesondere die Familienmitglieder, und wie sie mit der Situation hadern, wie sie eine "Ware" daraus machen müssen, um von den Medien wahrgenommen zu werden, und wie sich alltägliche Dinge ändern. O'Nans Kenntnis der Abläufe, was wann wie passiert, wenn ein Mensch verschwindet, ist in diesem Kontext zwar beeindruckend - zeugt aber auch "nur" von einer ordentlichen Recherche.
Ich hätte angesichts der Story erwartet, dass das alles total ergreifend ist, weil man sich vorstellt, wie man selbst in so einer Situation reagieren würde, aber das bleibt leider aus, es plätschert alles sehr belanglos vor sich hin. Da hilft O'Nans Talent für das Beschreiben von Situationen nichts, wenn er zum einen seinen ständigen "als hätte / wäre / würde"-Konjunktiv völlig überstrapaziert (zum Teil sogar in direkt aufeinander folgenden Sätzen: "Am Schluss war er schweißnass, als wäre er joggen gewesen. Er fühlte sich gut, als hätte er etwas unternommen." Boah.), er es zum anderen mit seinen Beschreibungen sehr übertreibt (wen interessiert, von welcher Marke die Plastiktüte ist, die jemand in den Mülleimer packt???), und er es letztendlich nicht schafft, die Figuren irgendwie interessant zu machen, so dass man über die fehlende Handlung und Spannung hinwegsehen könnte.
Die Tendenz, dass in seinen Büchern immer weniger passiert (in seinem folgenden Buch "Emily, allein" war es genauso, wenn nicht noch schlimmer), wird ihm auch in zahlreichen Rezensionen bescheinigt und führt bei mir dazu, dass ich O'Nan von der Liste der Autoren streichen werde, deren Bücher ich mir in Zukunft besorge. Schade eigentlich, denn nach Knallern wie "Engel im Schnee" oder "Halloween" hätte ich gerne mehr desgleichen gelesen, bei diesem Langweiler hier war ich hingegen sehr froh, dass ich nach tagelanger Quälerei noch kurz vor der Hälfte ausgestiegen bin.
____________ beehave - home of humbug ... [we can't afford to be neutral]
|
|
Nach oben |
|
|
|
ähnliche Beiträge |
|
Thema
| Autor
| Forum
| Antworten
| Verfasst am
|
|
Hermann Hesse - Entdecke dich selbst! |
boris |
kühnes mittelscharfer |
0 |
Fr, 15 Sep 2023, 12:19 |
|
Stewart O'Nan - Westlich des Sunset |
boris |
kühnes mittelscharfer |
0 |
So, 03 Sep 2023, 19:48 |
|
Stewart O'Nan - Die Chance |
boris |
kühnes mittelscharfer |
0 |
Fr, 30 Jun 2023, 17:11 |
|
Damon Knight - Zweibeiner sehen dich an |
boris |
kühnes mittelscharfer |
0 |
So, 28 Mai 2023, 11:30 |
|
Film: Ein Schnitzel für alle |
boris |
zelluloid |
0 |
Fr, 30 Sep 2022, 22:41 |
Schreiben: nein. Antworten: nein. Bearbeiten: nein. Löschen: nein. Umfragen: nein.
|