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boris
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Titel: Jeffrey Eugenides - Middlesex
Verfasst am: Sa, 04 Apr 2015, 20:45 |
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Jeffrey Eugenides - Middlesex
Story: Erzählt wird die Geschichte von Calliope Stephanides - aus deren Sicht -, beginnend bei ihren Großeltern, Bruder und Schwester, die vor den Türken nach Smyrna (heute: Izmir) und von dort in die USA fliehen. Dort gründen sie eine Familie und haben zwei gesunde Kinder. Ihr Sohn heiratet die Tochter der Cousine seiner Eltern - die zweitgeborene Tochter ist allerdings aufgrund der inzestuösen Verbindungen ihrer Großeltern und Eltern ein Pseudohermaphrodit. Das wird jedoch erst nach einem Verkehrsunfall von einem Unfallarzt entdeckt - in der Folge reißt sie/er von zu Hause aus, um ihre/seine wahre Identität zu finden.
In einer Rahmenhandlung erzählt Calliope (jetzt: Cal) von seinem Leben in Berlin und seinen dortigen Problemen, mit seinem Leben - speziell: seinen Beziehungen - klarzukommen.
Wow! Was ein Monster von einer Geschichte! Über 730 Seiten entfaltet Eugenides Historie aus mehreren Generationen, Kontinenten und Kulturen. Die Konflikte im griechisch-türkischen Krieg sind Thema, die Traditionen und Gebräuche der Griechen in Amerika, ebenso die Arbeit in einer Fabrik an einer der ersten Fließbänder (von Henry Ford in die Autoproduktion), die Verbindung des "Nation of Islam", die Prohibition (ihr Vater betreibt eine illegale Bar), die Rassentrennung (sie wird auf eine Schule ausschließlich für Weiße geschickt) sowie Probleme mit der Integration der Einwanderer (als die Familie umziehen will, hat sie trotz mittlerweile erreichten Wohlstands Schwierigkeiten, in ein nobles Viertel zu ziehen).
Als wäre das noch nicht genug, wird auch noch das Finden der (Geschlechts-)Identität behandelt, insbesondere auch die Frage nach der Bestimmung dieser Identität und biologischer und gesellschaftlicher Rolle dabei (vgl. die Begriffe "gender" und "sex" im englischen, die im deutschen beide "Geschlecht" bedeuten).
Großartig! Eine Geschichte von unglaublichem Umfang, toll erzählt, perfekt in die tatsächliche Historie eingefasst, thematisch klug und sensibel behandelt, dabei nie langweilig, dieser Backstein von einem Buch hat nicht ein Gramm Fett! (Und dabei muss man nicht fürchten, das Thema "Hermaphrodit" wäre allseits bestimmend, im Gegenteil, die Geburt der Hauptfigur findet erst auf Seite 300 statt, die Entdeckung ihrer Besonderheit ca. nach 500 Seiten, und selbst dann sind die Probleme der Heranwachsenden ähnlich wie bei Jugendlichen deren Geschlecht eindeutig bestimmt ist. Auch für diese Leistung gebührt Eugenides zusätzlicher Respekt.)
Zu Recht mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, absolute, uneingeschränkt Empfehlung, ganz ganz großes Kino (da verzeiht man auch das irgendwie blöde Cover)!
____________ beehave - home of humbug ... [we can't afford to be neutral]
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