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Titel: [TXT] KRS_ONE - Good Morning, Vietnam
Verfasst am: So, 06 Jan 2008, 23:52 |
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Autor: KRS_ONE (Jan)
Datum: 8.11.1993
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"Good Morning, Vietnam !"
oder
Warum ich Montagmorgen hasse ...
by KRS_ONE (08.11.1993)
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Montagmorgen. Das kreischende Summen des Weckers, das bei mir in etwa so
viel Attraktivität wie das gekonnte Scharren eines Fingernagels auf dem
Gruen einer Schultafel geniesst, meldet sich puenktlich, um den verhassten
Tag anzukuendigen. Mit einer langjaehrig geuebten Ausholbewegung touchiere
ich schon mit dem ersten Versuch die Snooze-Taste, die mich weitere zehn
Minuten Schlaf auf meinem Konto gutschreiben laesst. Erbittert und
hartnaeckig wie der elektronische Gegner mit der Digital-Anzeige nun einmal
ist, spuere ich schon bei etwa 9 Minuten 50 Sekunden die luesterne
Vorfreude, mir gleich noch mal ein klaegliches Surren in meine Ohren zu
saeuseln. Wohlvorbereitet fuege ich meinem Gegner mit einem blitzschnellen
Hieb erneut einen Verlustpunkt zu. Genuesslich drehe ich mich wieder gen
Heizung, um die winterliche Kaelte und die RTL-Mitternachtsserien von
gestern zu vergessen. Als ich mich gerade einem Traum der Kategorie "Ich
bin der Groesste !" zuwenden will, setzt der Feind zum Ueberraschungs-
angriff an. So muss sich Odysseus gefuehlt haben, als die Sirenen seinen
Weg gekreuzt haben. Nur dass dieser viereckige Kasten weder mit Bruesten
noch mit Weintrauben ausgestattet ist. "Wenn Du mit den Griechen kommst,
komme ich eben mit den Nibelungen", denke ich mir, und schnalze ihm auf die
einzig verwundbare Stelle.
Siegestrunken will ich die naechste Etappe Schlaf angehen als ich durch den
Spalt meiner verschlafenen Augen diese grossen und klagenden schwarzen
Pupillen auf gelbem Grund ausmache. Wie ein Roman liest sich der leidende
Blick, der von der Entstehung der Menschheit ueber die Entdeckung des
Feuers saemtliche Register zieht, um schliesslich beim eigentlichen
Diskussionsthema anzugelangen : Wie schafft es eine so hochkultivierte
Gattung wie die des Menschen, immer schnellere Prozessoren, groessere
Autos, Satellitentechnik, gar bemannte Fluege ins All zu Wege zu bringen,
aber dem Geschoepf Katze, keine Moeglichkeit zur Selbstversorgung
bereitzustellen ? Dieses kleine bisschen Selbstbestimmung, das Recht auf
Autonomie. Futter, wann es beliebt und nicht wann es dem Wesen, dass zur
Essensausgabe, der Reinigung der sanitaeren Anlagen und als warme
Schlafunterlage vom Allmaechtigen geschaffen wurde, gerade genehm ist.
Ob dieser schlagkraeftigen Argumente quaele ich mich also doch aus meiner
Schlafstaette. Der Weg in die Kueche. Voller Pein und Schmach schiele ich
auf den Wecker, der mir voller Hohn die aktuelle Uhrzeit praesentiert.
"Schau Dir die Ziffern an, Junge. Rot wie die Karte beim Fussball !"
scheint die Farbgebung mir vermitteln zu wollen. "Welch intriganter Pakt",
schwirrt mir durch den Kopf, als ich die "Nouvelle Cuisine des chattes"
erreicht habe.
Ich sondiere die moeglichen Menues. Bei einer Dose bleibt mein
schlaftrunkenes Visier stehen. "Nein !", schiesst es mir durch den Kopf,
"Auf keinen Fall MIAU !". Die Mitarbeiter der Quaker Latz GmbH moegen
Experten auf dem Gebiet der Hunde-Ernaehrung sein, aber dieses
uebelriechende, eingeschweisste Objekt mit der kuehnen Bezeichnung
"Katzenfutter" hat mir schon so manches Alarmsignal aus der Magengegend
bereitet. An einem Montagmorgen, so beschliesse ich, ist ein Doeschen
Sheba wesentlich angemessener.
Nachdem ich mittels Zaehneputzen wenigstens die Lebensweisheit "Morgenstund
hat Gold im Mund" als "in etwa den Tatsachen entsprechend" bemessen habe,
stelle ich durch empirische Erhebung fest, dass die Anzahl meiner Falten im
Gesicht heute nach laengerer Misere mal wieder die Anzahl der Nasenhaare
uebersteigt. Eine Kreuzauswertung mit dem Wochentag Montag erspare ich
mir, ob der zu erwartenden Ergebnisse.
Angesichts der Suizidgefahr die von der Kombination Montagmorgen/Nassrasur
ausgeht, verzichte ich auf dieses procedere, um lieber gekonnt in der
Dusche auszurutschen. Um diesen Morgen nicht mit einer eventuellen
Salmonellenvergiftung zu kroenen, beschliesse ich den Hungertod und begebe
mich nach einigen Restaurationsarbeiten auf den Weg zur Uni.
Woran es liegt, dass ausgerechnet Montags immer alle Leute im Leerlauf zur
Arbeit fahren, weiss ich nicht. Aber ein moeglicher Erklaerungsansatz
waere mein regelmaessiges Verschlafen an diesem Tag. Nachdem ich zwei
Polizeikontrollen passiert habe (das haette mir gerade noch gefehlt) und
sogar einen Parkplatz mit weniger als 20 Meilen Fussmarsch und direkt zu
Beginn meiner Parkplatzsuche ergattere, scheint der Tag gerettet.
Euphorie ist etwas schoenes. Weniger schoen, wenn sie ihren ersten
Daempfer dadurch erhaelt, dass das Hoersaalgebaeude schon wieder diesen
suesslichen Geruch fuer mich bereit gehalten hat, der in etwa bei einer 54
Jahre ungeoeffnet bei 30 Grad gelagerten Weingummituete anzusiedeln ist.
Ich kaempfe mich schnell in Richtung Hoersaal. Schoen, dass heute wieder
die Vorlesung mit dem Projektor-Professor auf der Tagesordnung steht. Der
Entwickler dieses Geraetes muss ein Wecker gewesen sein. Jede Minute
wechselt das Schaubild und man hat so bei Verspaetung nicht einmal eine
geringe faire Chance, die Vorlesung komplett mitzuschreiben. Klar, dass
diese Vorlesung fuer Montag angesetzt ist ...
Klar auch, dass mal wieder nur StudentEN, den Hoersaal saeumen.
Mathematik-Vorlesungen haben soviel Reiz wie Jimmi Sommerville und Rosa von
Praunheim zusammen. Der Professor - Ruehmann mit der Frisur von Flash
Gordons Sturzhelm - wirkt mit seinem naeselnden saechsisch/schwaebisch auch
nicht gerade belebend. Trotzdem bin ich hartgesotten. Heute kann mich
nichts mehr erschuettern. Ich harre die (nicht mehr voellig) kompletten
neunzig Minuten aus, um mit neuem Wissen gestaerkt, meinen Heimweg
anzutreten.
Nun sitze ich hier und tippe diesen Text. Es ist 13:31 (und mein Name ist
nicht Barbara Ehligmann). Um 14:00 Uhr habe ich wieder eine Vorlesung und
vorher MUSS ich noch etwas essen. Ich werde schon wieder zu spät kommen.
Aber es ist ja schliesslich Montag ...
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