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[TXT] Milla - Von der Abschaffung des Todes
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Der Archivar



Beiträge: 160

Titel: [TXT] Milla - Von der Abschaffung des Todes
Verfasst am: So, 03 Apr 2011, 23:03
Beitrag
Antworten mit Zitat

Autor: Milla
Dateidatum: 14.8.2004

Code:
Gefunden in: Die Muenchner Mailbox Presse
Titel......: Vom Tode
Autor......: Milla

         ---------------------------------------------------

                    Von der Abschaffung des Todes

Der  Tod  besuchte mich meistens nachts.  Er war ein ganz netter Typ,
so  um  die  20, gross, dunkelhaarig und gut gebaut, allerdings immer
etwas blass.  All diese Bilder vom Tod, mir Sense, Sanduhr und Kutte,
die  ich  als Kind immer so schaurig fand, hatten sich als ein reines
Phantasieprodukt erwiesen.

 Er  war  allerdings  ein  relativ  junger Tod, wie er mir nicht ohne
einen  gewissen  Stolz erzaehlte.  Er war erst 100 Jahre tot gewesen,
als  man ihn zu diesem Posten befoerdert hatte.  Der Grund dafuer war
wohl,  dass  er  sich  in  dem  neu  eingefuehrten Computersystem als
einziger  wirklich  auskannte.  Das System nahm ihm eine Menge Arbeit
ab.   Es  berechnete  die verbleibende Lebenszeit fuer alle Einwohner
unserer  Stadt,  fuer  die  er zustaendig war.  Es war trotzdem keine
leichte Arbeit, denn der Rechner konnte zwar die Todeszeit berechnen,
jedoch  bei den Todesursachen hatte man ihn nur auf eine beschraenkte
Anzahl  programmiert, so dass hier, wie er meinte, seine Kreativitaet
oft   ziemlich   beansprucht   werden   musste.    Gab  der  Computer
beispielsweise  die  Todesursache  Autounfall  aus, so musste er sich
ueberlegen,  ob  der  Betroffene  sofort oder etwas spaeter, mit oder
ohne Schmerzen, an inneren Blutungen oder an einem Halsbruch starb.

 In  letzter Zeit hatte er sich etwas ausruhen koennen und darum auch
mehr  Zeit  fuer  mich  gefunden.   Wir  sahen  uns  fast jede Nacht,
spielten Karten, tranken Tee oder gaben uns eine Runde Schach.
 Im  Kartenspielen  war er mittelmaessig und manches Mal ertappte ich
ihn  beim  Versuch  zu  Schummeln,  dafuer  war  er  im Schach schier
unschlagbar.

 Wie  ich das so mitbekam war er auch in seinem Job einer der Besten.
Er  arbeitete  gewissenhaft  und  hatte  bislang noch keinen schweren
Fehler  begangen.   Sein  Vorgesetzter  war  zufrieden mit ihm und so
mancher Toter hatte sich bei ihm fuer den gelungenen Tod bedankt.
 Das  ging  drei  Jahre so, dass er fast jede Nacht zu mir kam.  Doch
dann,  als  ich so 19 Jahre alt war wurden seine Besuche immer rarer.
Er  erklaerte  mir,  dass sie nun ein neues Programm bekommen hatten,
das  ueber  eine  Billion  Todesursachen  beherrschte  und er mit der
Installation  sehr  gefordert  war.  Er sah mich damals mit traurigen
Augen  an und meinte, dass es ihm sehr leid taete, dass er mich jetzt
nicht  mehr  so  haeufig  besuchen  koenne, zumal die Besuche bei mir
waeren fuer ihn immer ein gutes Mittel zur Entspannung gewesen seien.
 Auch  mir  tat  es  leid und ich war fast so traurig, wie damals als
mich   mein   Freund   nach   ueber   zwei  Jahren  verlassen  hatte;
Fruehlingsgefuehle   hatte   er  als  Grund  angegeben.   Ein  selten
daemlicher  Grund  allerdings,  wie  ich  fand.  Und so wenig ich das
damals  verstanden  hatte,  verstand  ich  es  nun mit meinem doch so
vertraut  gewordenen  Tod,  denn  wie  ich  bereits sagte, war er ein
netter Typ und seine Besuche wuerden mir sehr fehlen.
 Als  dann  seine  Besuche  ploetzlich ganz abbrachen, machte ich mir
direkt  Sorgen,  was  natuerlich  ziemlich  dumm war, denn was konnte
einem Tod schon noch gross zustossen.
 Ich hoerte ueber ein Jahr nichts mehr von ihm und hatte die Hoffnung
ihn  wiederzusehen  nach  einem  halben  Jahr  schon  aufgegeben, bis
Weihnachten kam.
 Weihnachten  kam  und  er  kam  mit  ihm, stand ploetzlich in meinem
Zimmer  und  sagte  nichts,  schaute  mich  nur  an.   Es  lag  etwas
ungewohntes in seinem Blick, das mich sehr beunruhigte.  Trotzdem war
ich  gluecklich und erleichtert ihn endlich wiederzusehen.  Er jedoch
schien  ueber  das  Wiedersehen nicht halb so froh wie ich und teilte
mir auch sogleich den Grund dafuer mit.
 Seine Stimme hatte merkwuerdig fahl geklungen, als er mir erklaerte,
dass  er gekommen sei, um mich persoenlich abzuholen.  Er habe meinen
Tod   um  ein  Jahr  herauszoegern  koennen,  indem  er  meine  Daten
gefaelscht  haette,  aber  dann war der Schwindel aufgeflogen und man
hatte  ihm,  nach einem grossen Donnerwetter, aufgetragen meinen Fall
sofort zu erledigen.
 Er  wollte  wissen,  ob  ich  irgendetwas gegen eine Fischvergiftung
einzuwenden   haette   und   als  ich  gefasst  verneinte  und  etwas
sarkastisch  ein  \"Ganz  toll.\"  herausgepresst  hatte, nahm er meine
Hand,  das  erste  Mal, dass er mich beruehrt hatte, und zog mich aus
meinem  Koerper.   Es  war  ein  merkwuerdiges  Gefuehl  so  dahin zu
schweben  und  meinen  Koerper  unter mir liegen zu sehen, aber nicht
unangenehm.
 Er nahm mich mit an den Ort, wo alle Gestorbenen hinmussten, so eine
Art  CheckIn-Schalter.   Der  Tote, der dahintersass und verblueffend
lebendig aussah registrierte mich mit einem \"Endlich!\".
 Dann  konnten  wir weiter.  Ich \"lebte\" - denn tatsaechlich war mein
jetziger  Zustand nicht viel anders als zu meinen Lebzeiten - mit ihm
und mauserte mich bald zu seiner Assistentin.
 Nach  ca  100  Jahre  dann  jedoch,  in  denen wir glanzvolle Arbeit
unteranderem  an  meinen  Eltern  geleistet  hatten,  beging er einen
groben  Fehler.   Er hatte sich in einem Komafall verrechnet, so dass
die  Betroffene  nicht  nach  einem Jahr Koma starb, sondern vielmehr
nach  2  Wochen  erwacht  war.   Solche Pfuscherei konnte man sich in
unserer Branche nicht leisten und er flog in hohem Bogen.
 Damit  war  meine  grosse Stunde gekommen.  Mein Tod und ich blieben
Freunde und von seiner Seite her war nur anfaenglich soetwas wie Neid
zu verzeichnen gewesen, als man mir die Verantwortung fuer die kleine
Stadt uebertrug.
 Ich  tat  mein  Bestes  in  dem  neuen  Job, der mir doch schon sehr
vertraut  war.   Als  erste Todin war ich auch bald so etwas wie eine
Beruehmtheit  in der Verstorbenenwelt und mit der Bekanntheit kam das
Ansehen.  Tatsaechlich hatte ich auch allen Grund stolz zu sein, weil
ich  eine  zaehe Kreativitaet an den Tag legte, die bislang noch kein
Tod in meinem Masse besessen hatte.
 Aber,  so gut ich auch war, verlohr auch ich meinen Job.  Nicht weil
ich  etwa  nicht  sauber  gearbeitet hatte, nein.  Vielmehr, weil die
Sterblichen  -  mein  Brot, wenn man so will - in all den Jahrzehnten
nicht untaetig geblieben waren.
 Sie  hatten  ihre  medizinischen  Moeglichkeiten  um  ein vielfaches
verbessert  und ein neues Medikament entwickelt, das urspruenglich zu
Empfaengnisverhuetung   dienen   sollte,   von   dem  man  dann  aber
herausgefunden hatte, das es die Unsterblichkeitspille war.
 Ich  habe mich inzwischen zur Ruhe gesetzt.  Aber eines kann ich mit
Gewissheit  sagen:  diese Ex-Sterblichen werden schon noch sehen, wie
wiederlich unendlich diese Unendlichkeit ist.

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