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Kalle, P.I.
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boris



Beiträge: 11152

Titel: Kalle, P.I.
Verfasst am: Fr, 18 März 2005, 12:02
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neue Story wg. akuter Langeweile - jeder ist zum Mitschreiben eingeladen


Kalle, P.I.

Kapitel 1

Draußen schien die Sonne in Strömen, es war scheiße-heiß, keine verdammte Wolke am Himmel.
Kalle saß in seinem Büro und schüttete literweise kalte Getränke in sich rein - die Fenster fest geschlossen, kein Lüftchen regte sich, draußen tobte der stinkende Nachmittagsverkehr ... Kalle begann seinen Arbeitstag.
Um der Luft in seinem kleinen Büro auch noch den letzten Rest Sauerstoff zu entziehen, rauchte er Kette - auch sonst entsprach Kalle dem Klischee eines abgehalfterten Privatdetektivs in allen Facetten. Vor allem aber hatte er keine Aufträge, das Schild an seiner Tür war schon lange von Grünspan angefressen, die Abkürzung "P.I." (die hierzulande eh keiner verstand) kaum noch sichtbar.
Sein Büro bestand jetzt seit einigen Jahren und das einzige, was er bis jetzt gelöst hatte, war Alka-Seltzer in Kranwasser ...

Er blätterte die Tageszeitung der letzten Woche durch, seine Anzeige sah aus wie eine Todes-Annonce, aber er hatte bereits den Ehrgeiz verloren, etwas besseres daraus zu machen.
Dabei betrieb er sein Büro aus purem Idealismus: ausgestattet mit dem üppigen Vermögen seiner üppigen Ex-Frau (Tod durch Saufen), konnte er es ruhig angehen lassen. Das tat er auch ... und zwar so ruhig, daß er den Tag damit verbrachte, Detektivgeschichten zu lesen, in denen er sich als der Held vorstellte, Pornofilme zu kucken, in denen er sich als der Held vorstellte, zu rauchen und zu trinken.
Sein Assistent hatte ihn schon vor langer Zeit verlassen - trotz dicker Gehälter konnte er sich nicht mehr damit abfinden, nur vom Abenteuer zu träumen und in der Zeit, in der sie auf Aufträge warteten, die Pizzakartons zum Altpapier zu bringen und die ständig vollen Aschenbecher zu leeren.

Als das Telefon klingelte, wunderte sich Kalle zunächst ob des ungewohnten Geräuschs - als er verstanden hatte, daß es ihn anging, erhob er sich schwerfällig von seiner Couch, und fand nach geraumer Zeit das völlig versiffte Telefon unter einem Stapel schmutziger Wäsche.
Zunächst überlegte er noch, dann entsann er sich seines Berufs und hob ab.


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boris



Beiträge: 11152

Titel: (Kein Titel)
Verfasst am: Di, 22 März 2005, 19:10
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[fortgesetzt]

"Mahlzeit?"
Seine wenig geschäftsförderndes "Talent", Telefongespräche zu führen, war nur einer der Gründe, warum er die meiste Zeit unbeschäftigt blieb.
"Genau deswegen rufe ich an."
Kalle erkannte den Pizzaservice, den er seit Monaten nicht mehr bezahlt hatte (obwohl er täglich weiterhin bestellte) und legte kurzerhand auf.

Das Telefon klingelte erneut, aber Kalle hatte seinen Arsch schon wieder auf dem Sofa abgelagert und ignorierte das Signal. Nach einiger Zeit sprang sein (ebenso wie zuvor das Telefon) unsichtbarer Anrufbeantworter an und gab die Stimme der Pizzabude quäkend verzerrt wieder:
"Ich muß Sie daran erinnern, daß Sie bereits mit 200 Euro im Rückstand sind. Entweder Sie bezahlen sofort Ihre Ausstände oder wir sehen uns gezwungen, jegliche Lieferung umgehend einzustellen ..."
Angesichts dieser unfaßbar leeren Drohung mußte Kalle unwillkürlich grinsen - als ob es nur einen Pizzaservice in der Stadt gäbe.
"... und rechtliche Schritte gegen Sie einzuleiten."
Hoppla! ... gut, daß es an Geld nicht mangelte.
Weiß Gott, wie er es geschafft hatte, bei dem Pizza-Typen, der mindestens ebenso fettig war, wie seine Teiglappen, auf Pump bestellen zu können, aber einen Streit war die ganze Sache nun auch nicht wert.

Kalle machte sich eine geistige Notiz, einen Scheck für die Pizzeria Torino auszustellen und befreite eine Brünette, die aufgrund einer derben Doppel-Perforation zuvor noch ausgiebig in die Kamera geschrien hatte, aus ihrer lächerlichen Starre, indem er die Pause-Taste seines DVD-Players abermals betätigte.


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boris



Beiträge: 11152

Titel: (Kein Titel)
Verfasst am: Do, 31 März 2005, 15:36
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[fortgesetzt]

Kalle mußte kurz eingenickt sein, denn der Wecker riss ihn aus seinem feuchten Tagtraum. 17:55. Zeit für sein tägliches Training.
Er rappelte sich schlaftrunken hoch, griff sich eine Plastikflasche Bier aus dem Kühlschrank, der mit nichts anderem gefüllt war und stürzte aus dem Büro, die Tür laut ins Schloß schlagend.
Kalle bildete sich ein, daß er seine abgestumpften und von Rauschmitteln permanent getrübten Sinne dadurch schärfen könnte, daß er Leute beobachtete, ihre Eigenheiten studierte, sie kategorisierte und hinterfragte. Warum er dann jeden Tag um exakt 18:00 vor seinem Büro herumlungerte und nicht zu einer beliebig anderen Zeit, macht natürlich erst Sinn, wenn man weiß, daß die seinem Büro gegenüberliegenden Häuserzeile eine Parfümerie beherbergt, die genau um 18:00 ihren Pforten schließt.
Wenn man dann noch in Betracht zieht, daß die überaus attraktive Bedienung in dem Duftwasserschuppen schon seit längerer Zeit Ziel von Kalles heimlicher Begierde geworden war, wird die pedantische Routine durchsichtig.

Zunächst kam der Nachbar vorbei und holte sich am Kiosk seine tägliche Ration Guten-Abend-Bier. Er war gerne bereit, den Aufpreis zu zahlen, den ihm der Kioskbesitzer abverlangte, dafür hätte er im Plus um die Ecke niemals die Kassiererin auf ähnlich penetrante Art vollschwafeln können, wie er es jetzt mit dem bemitleidenswerten Inhaber der Zeitungsbude vollführte. Er nickte Kalle kurz zu, es war ein "ach, auch wieder hier?"-Nicken, obwohl die beiden noch nie ein Wort gewechselt hatten, was Kalle auch tunlichst vermied, denn er wollte 1. um keinen Preis die scharfe Alte von Gegenüber verpassen und 2. auf gar keinen Fall hilflos den abgestandenen Ausführungen eines debilen Rentners ausgesetzt sein.
Gott schütze den Kioskbesitzer, der einem diese Last abnahm.


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boris



Beiträge: 11152

Titel: (Kein Titel)
Verfasst am: So, 03 Apr 2005, 19:04
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[fortgesetzt]

Kalle fing an, sich den kalten Gerstensaft reinzuschütten und behielt die Parfümerie im Adlerauge. Seine Tarnung war perfekt: er sah aus wie der letzte Penner, über der Jogginhose hing ein fleckiges Hemd, er lehnte mit einem angezogenen Bein an der Hauswand und spähte träge in der Gegend herum.

Ein Hund bog in rasantem Tempo um die Ecke, im Schlepptau ein kleiner Junge, der dem zerrenden Köter nicht Herr werden konnte. Er stolperte unbeholfen hinter dem Tier her, immer kurz davor hinzufallen. Kalle blickte kurz in die Richtung, aus der ihn in diesem Moment der Hund ansprang und ihn kurzerhand von den Füßen riß. Im Fallen streckte er reflexartig die Arme aus, erwischte eine gerade vorbeikommende ältere Frau mit zwei vollen Einkaufstüten und schlug der Länge nach auf den Bürgersteig, wobei er sein Hinterteil akkurat auf einer der Einkaufstüten platzierte. Eine undefinierbare Brühe aus geplatzten Milchtüten, zerquetschten Tomaten und seinem Bier rann über das Pflaster.
Bevor sich Kalle auch nur halbwegs wieder aufraffen oder wenigstens "Verdammte Scheiße!" rufen konnte, war sowohl der Hund wie auch der sich immer noch im Schlepptau an der Leine befindliche Junge um die nächste Ecke entschwunden.

Die ältere Frau hatte sich von dem Schock halbwegs wieder erholt und fing auch sofort an, Kalle wüst zu beschimpfen. Er sah im Augenwinkel den Kiosk-Besitzer feist grinsen und hätte nicht übel Lust gehabt, ihm eine Gerade zu verpassen, aber die Alte hielt ihn beschäftigt.
"Können Sie nicht aufpassen, Sie Flegel? Meine ganzen Einkäufe!"
Kalle fixierte sie, half ihr dann, ihre Habseligkeiten zu sortieren und sagte kein Wort.
"Ich hätte mir was brechen können!", keifte die Frau gerade, als Kalle der Kragen platzte:
"Lassen Sie mich doch mit Ihrem Scheiß in Ruhe. Erzählen Sie das meinetwegen der Dreckstöle."
Das brachte sie kurzfristig zum Schweigen.

Als er sich wieder in Position gebracht hatte, kochte es in ihm hoch: das Licht gegenüber war aus, "sie" war weg!


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Titel: (Kein Titel)
Verfasst am: Di, 05 Apr 2005, 17:30
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Kalle trabte bedröppelt zurück in sein Büro, griff sich ein weiteres Bier und wischte gedankenverloren an seiner verschmierten Hose herum. Er trank die Flasche fast in einem Zug leer, holte sich eine neue und blickte ungläubig in Richtung des Fensters, als habe er die letzte Stunde nur geträumt.
Er lüftete die nikotingelbe Gardine mit der Hand und starrte über die Straße auf den Eingang der Parfümerie, aber die blieb verschlossen.

Er setzte sich an seinen Schreibtisch, zog einen kleinen Notizblock und einen Kugelschreiber aus einer Schublade, schlug die erste Seite auf und begann zu schreiben.

Mist!
Stand heute wieder zum Training an der Straße, als mich ein Hund umgerannt hat. Habe im Fallen noch eine Alte mitgenommen und dadurch "sie" verpaßt.
Da fällt mir auf, daß ich noch nichtmal den Namen kenne. Aber wozu Detektiv, den könnte ich ja immer noch rausfinden. Wenn ich wollte.


Er legte den Kuli weg und betrachtete seine Schrift. Seit er das Büro betrieb, oder eher: bewohnte, hatte er noch nicht ein Wort zu Papier gebracht. Auch war bisher sein sogenanntes "Training" immer nur eine Gewohnheit gewesen, nie hatte er darüber nachgedacht, was ihm die Straße, die Leute, die Unbekannte bedeuteten: Abwechslung von tödlicher Langeweile.
Er trottete langsam zum Kühlschrank und machte sich eine geistige Notiz, ihn wieder aufzufüllen. Hätte er doch seinen Assistenten Wieder. Zurück am Tisch schrieb er weiter:

Glaube ich an Zufälle? Ich weiß es nicht. Sollte ich "sie" heute nicht sehen? Blödsinn.
Tatsache ist, daß mir etwas fehlt und das werde ich mir morgen zurücholen. Vielleicht gehe ich über die Straße und sehe "sie" mir durchs Fenster an. Beiläufig.
Wieso schreibe ich das eigentlich auf? Ab heute nur noch Stichworte. Und "sie" nenne ich Jasmin, nach der Katze, die ich als Kind hatte. Schluß jetzt.


Kalle warf den Fernseher an und legte sich auf sein Sofa. Aber selbst die dämlichsten Sendungen, durch die er in schneller Folge schaltete, konnten ihn nicht ablenken und seine Unruhe dämpfen.
Jetzt hatte er etwas vor - seit langem einmal wieder, und das schlechteste Gefühl war das nicht.


[Ende des 1. Kapitels]


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