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boris
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Titel: Cormac McCarthy - Der Passagier
Verfasst am: So, 09 Apr 2023, 17:23 |
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Cormac McCarthy - Der Passagier
Originaltitel: The Passenger
Story: Bobby Western ist Bergungstaucher und hat Tiefenangst. 1980 taucht er zu einem Flugzeugwrack, in dem der Flugschreiber fehlt, ebenso ein Passagier, der eigentlich an Bord hätte sein sollen. Dabei ist das Wrack unversehrt ... in der Folge tauchen seltsame Typen in Bobbys Leben auf.
Das sollte eigentlich die Handlung sein - ist sie aber nicht wirklich. Es geht um Bobbys Vater, der an der Erfindung der Atombombe beteiligt war, und um seine Schwester, in die er schwer verliebt war, die allerdings Selbstmord begangen hat.
Ich habe mich einige Tage gesträubt, die Rezension zu schreiben, weil ich mich so auf das Buch gefreut hatte. Das erste von McCarthy, einem meiner absoluten Favoriten, und vielleicht sein letztes, denn mittlerweile ist er 90 Jahre alt. Deswegen fällt es mir doppelt schwer, sagen zu müssen, dass das Buch nichts taugt.
Gelobt wird an jeder Ecke McCarthys Sprache. So außergewöhnlich fand ich die jetzt nicht, vor allem fällt negativ auf, dass ständig unvollständige Sätze eingestreut werden, bei denen das Verb fehlt, was total nervt. Dann sind seine - natürlich eigentlich großartigen - Dialoge ellenlang, ohne Anführungszeichen (wie immer) und ohne ein "sagte er" oder etwas Ähnliches, damit man weiß, wer redet. Einfach nur eingerückte Sätze über mehrere Seiten zu lesen und dabei mitzählen zu müssen, wer gerade dran ist, ist unfassbar anstrengend und macht null Spaß.
Dann der Inhalt: Zusammenhangloses Gelaber. Ein ganzes Kapitel über String-Theorie, ohne dass man weiß, was das soll, dann wieder Treffen von irgendwelchen Leuten mit Gesprächen über irgendwelche Dinge, die man nicht einordnen kann, dann immer wieder Kapitel über die Schwester, die sich mit halluzinierten Figuren unterhält (damit fängt der Roman auch an, sodass man schon nach 2-3 Seiten total verstört ist, weil man keine Ahnung hat, worum es überhaupt geht). Und was es denn dann mit dem Passagier auf sich hat, erfährt man auch nicht.
Es gibt ein Parallelwerk "Stella Maris", das zeitgleich erschienen ist und ein anderes Licht auf die Story wirft und das ich leider schon gekauft habe. Ein paar Inhaltsfetzen habe ich schon aufgeschnappt, was ggf. ein wenig mehr zum Inhalt von "Der Passagier" verrät, viel besser macht es das wahrscheinlich auch nicht.
Eine Rezension auf amazon nennt das Buch "qualvoll", ich neige dazu, dem zuzustimmen. Das Buch "ist eine philosophische Arbeit über das Leben und das Verderben. Über den Tod und den Sinn des Lebens." Mag ja sein, macht aber noch kein gutes Buch. "Und dann ist der Roman auf einmal zu Ende. Ohne Auflösung, ohne Wendungen, Überraschungen oder Erkenntnisse." Stimmt. Und das ist totale Kacke. Und ein anderer: "Eine nahezu peinliche Aneinanderreihung von Fetzen, teils in einem gefälligen Stil, teils unfassbar bemüht und prätentiös." Stimmt ebenfalls.
Fazit: So leid es mir tut und so gerne ich wieder einmal etwas Geniales von McCarthy gelesen hätte: Das hier ist es nicht, sondern im Gegenteil fast unlesbar zäh und inhaltlich so abgehoben, dass man fast umgehend die Lust verliert. Schade.
____________ beehave - home of humbug ... [we can't afford to be neutral]
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