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Titel: [TXT] Snorr - Hindenburg
Verfasst am: Mo, 04 Apr 2011, 18:18 |
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Autor: Snorr
Dateidatum: 14.8.2004
Code: |
Snorr: Hindenburg
Nach Entwicklung eines geeigneten Sternenantriebes, und seiner
Energiequellen, der es der Menschheit ermoeglichte die Abgruende
zwischen den Sternen nicht mehr in Generationen, sondern in Wochen
und Tagen zu ueberwinden, war die Verbreitung nicht mehr aufzuhalten.
Doch auch in dem neuen Zeitalter blieben die Beweggruende und Triebe
des Menschen die gleichen, die ihn auch im 20. Jahrhundert fast zur
Selbstvernichtung getrieben haetten.
Sphaerische Musik begleitete einen Film, der in einem der
Medienraeume der Bolder Inc. gezeigt wurde. Auf dem grossen
Holoschirm war ein Ausschnitt der Milchstrasse zu sehen, die Sterne
an einem Band aufgereiht im schwarzen Hintergrund, langsam kam ein
Planet von unten ins Bild, gruen, wie ein Edelstein lag er auf einem
Praesentierteller, die Musik wurde eindringlicher. \"Eine fremde Welt
wartet auf Sie, eine bisher unentdeckte Welt ausserhalb der Grenzen
des Reiches Sol. Erleben Sie das Abenteuer in seiner extremsten
Form, setzen sie ihren Fuss als erster auf jungfraeulichen Boden und
erobern Sie sich neue Laender, Kontinente oder den Planeten!\" Der
Planet kam naeher und naeher, in rasendem Flug durchstiess man die
wenigen Wolken, Waelder und riesige Fluesse wurden sichtbar, dann
Staedte in einer phantastisch skurrilen Bauweise, das imaginaere
Flugzeug schwankte um auf eine horizontale Flugbahn, schleuderte und
schlingerte durch die Stadt, einige Punkte bewgten sich, die Szene
veraenderte sich langsam, bis man New York erkennen konnte, die
Wolkenkratzer spiegelten die Sonne wieder, ploetzlich wichen sie zur
Seite und der Raumhafen wurde sichtbar. \"Wir starten von
Reagen-Raumzentrum, die Faehren bringen Sie bequem und sicher bei
konstant 1.3g rauf zum Expeditionsschiff Hindenburg.\" Ein silbriger
Pfeil kroch auf eine Startbahn um, mehrmals drehte er sich, als ob er
sich vergewissern wollte, dass nichts ihn aufhalten koennte, dann
zuckte eine blaeuliche, helle Flamme aus dem Triebwerk, sie bewegte
sich zuerst zoegernd, dann immer schneller auf das Ende ihrer Bahn
zu, ein Droehnen erfuellte den Raum, die Perspektive wechselte und
man sah aus dem Fenster der Faehre die Wolkendecke, welche zu einem
allgemeinen Weiss wurde und dann einer blaeulichen Schwaerze wich,
unterbrochen nur von der Sonne, die Sterne wurden wieder sichtbar,
ein Schatten huschte vor der Faehre. Er wurde rasch groesser, ein
riesiges, schwarzes Raumschiff wurde sichtbar, Tuermchen und
Aufbauten nach allen Seiten rausragend, aber nicht die laengliche
Form des Schiffes entstellend, es lag dunkel und schweigend im Raum,
annaehernd 4km lang, die Faehre naeherte sich vorsichtig, als das
Schiff den ganzen Bildschirm ausfuellte, erreichte die Musik einen
neuen Hoehepunkt, ploetzlich, als haette jemand nur einen Hebel
umgelegt, erstrahlte das Schiff in Lichterketten, die es bestrahlten
und zu einer Stadt bei Nacht werden liessen, es wirkte irgendwie
lebendig. \"Die Hindenburg, Ihr Fahrstuhl zu den Sternen, ist
ausgestattet mit bequemen Luxuskabinen, Mediennetzwerken,
Zentralcomputer fuer alle Anforderungen optimal programmiert, eine
laufende Spielshow im grossen Saal wird fuer Ihre Zertreuung sorgen,
bis das eigentliche Expeditionsziel erreicht ist.\" Die Stimme sprach
noch weiter, waehrend die Faehre von der Hindenburg eingeschleusst
wurde, aus der Naehe sah sie, fuer erfahrene Beobachter, schon aelter
aus, die Tuerme waren teilweise etwas zerbeult, der schwarze
Lackueberzug an manchen Stellen abgeblaettert. Der Schriftzug ihres
Namens, Hindenburg, zog majestaetisch vorbei, aber auch mit etwas
angekratzter Wuerde. \"So, das reicht jetzt aber!\", die Stimme des
Generaldirektors von Bolder hallte durch den Saal, in dem Lichter
wieder aufleuchteten. Der Holoschirm verblasste, in dem Medienraum,
der fuer annaehernd 2000 Leute bestimmt war, sassen derer nur vier,
aber in einer der Logen: Schmidt, Sicherheitsmann bei Bolder,
Abteilung Werksspionage; Loeffler, ehemaliger Leiter einer Filiale
von Bolder, die leider schliessen musste; Anna Baum, seine ehemalige
Sekretaerin, und der Generaldirektor: \"Schmidt aus unserem
Sicherheitsbereich hat diesen Film fuer uns besorgt, er gibt uns
einigen Aufschluss ueber die schlechten Geschaefte dieses Jahr, meint
er. Koennen Sie uns das bitte erlaeutern?\" Schmidt raekelte sich
selbstzufrieden in seinem Sessel: \"Wie Sie wissen, hat PanBlitz vor
drei Jahren voellig ueberraschend die ausgemusterte Hindenburg von
der Flotte aufgekauft, ein Schiff, das seit mehr als 50 Jahren Dienst
tat und nun als voellig veraltet gelten muss, auch im Vergleich
unserer zivilen Passagierkreuzer. Was hatte PamBitz mit diesem
ehemaligen Kampfkreuzer vor? Bei meinen Recherchen musste ich unter
anderem feststellen, dass die Hindenburg voellig ueber Preis
abgegeben wurde, aber auch, dass von ihrer Bewaffnung, Jaeger und
schwere Geschuetze, seitdem jede Spur fehlt.\" \"Wollen Sie etwa
andeuten, dass sich ein voll bewaffneter Kreuzer im Besitz von
PamBlitz befindet?\", Loeffler war das eigentlich klar, aber er
fuehlte, dass er irgend etwas sagen musste. \"Das wollte ich damit
ausdruecken.\" \"Was wollen die damit? Es hat keine nennenswerte
Vorfaelle mehr seit 20 Jahren gegeben.\", Anna eilte damit ihrem
ehemaligen Chef zu Hilfe. \"Keine im Reich, wir wissen aber, dass die
Hindenburg eine groessere Reichweite hat, als unsere Grenzen
erlauben. Wir wissen auch, dass PamBlitz schon zwei dieser
Vergnuegungsfahrten, wie die eben angepriesene, mit ihr durchgefuehrt
hat, und dass an unserem Programm, Grosswildsafaris auf Borg,
Gliderfahrten auf den Meeren von Atlantis, Drogen von Nirwana, und
anderen konventionellen Fahrten seitdem kein, oder nur sehr wenig
Interesse besteht. Mit sehr wenig meine ich die Schichten, die sich
uns nicht leisten koennen. Damit kommen wir schon zum naechsten
Problem, die Hindenburg nimmt neben der eigentlichen Besatzung auch
sogenannte Betreuer in ihren Gehaltslisten auf. Ich habe in unseren
Slums ein bisschen nachgefragt, keiner dieser Leute, und es sind
nicht zu wenig, ist je wieder zurueckgekehrt.\" Mit einer, etwas
theatralischen Geste, zog Schmidt ein Metalldokument aus seiner Jacke
hervor: \"Nach Ruecksprache mit dem Vorstand habe ich einen dieser
Betreuervertraege mit PanBlitz abgeschlossen, in vier Tagen werde ich
an Bord gehen.\" \"Schoen, und was haben wir damit zu tun?\", Loeffler
war eigentlich nur gekommen, um seine bevorstehende Entlassung zu
vermeiden. Der Generaldirektor hatte auf diesen Augenblick schon
gewartet, er gabe Loeffler und seiner Sekretaerin zwei Tickets: \"Das
sind ihre Karten fuer die groesste Show des Universums, Schmidt kann
aus eben erwaehnten Gruenden seinen Bericht hier vielleicht nicht
mehr abliefern, Sie und Ihre Sekretaerin werden als normale
Passagiere mit der Hindenburg starten. Sie sind dort leitende
Angestellter und, aehem, Begleitung, Ihre Identitaet wurde von
Schmidt genauestens zusammengestellt, sogar Ihr Einkommen wurde dem,
der uebrigen Hindenburgpassagiere angepasst, sollten Sie brauchbare
Daten nach Hause bringen, liesse sich ueber eine Beibehaltung dieses
Gehaltes reden.\" Loeffler sah betroffen drein, Schmidt grinste ihn
an: \"Keine Angst, wenn ich glauben wuerde, dass ich nicht mehr
zurueckkomme, waere ich nicht dabei!\" Anna Baum und Gerhardt Loeffler
hatten noch diesen und jenen Einwand gegen diese Geschichte bevor sie
die Tickets annahmen. Die Schlange kam langsam voran, einer nach dem
anderen passierte die Schalter, zur letzten Kontrolle der Identitaet
und der Tickets zur Hindenburg, seltsamerweise schienen all diese
Vertreter der besser Verdienenden nicht viel Gepaeck mitnehmen zu
wollen. Loeffler fuehlte sich elend, und jeden Meter, den die
Schlange ueberwand, wurde er nervoeser. Diesen Werbefilm hatte er
nie wieder gesehen, in der oeffentlichen Werbung war er einfach
unauffindbar, von der Hindenburg ganz abgesehen, kaum jemand aus
seinem spaerlichen Bekanntenkreis wusste ueberhaupt noch, dass es sie
gab. Anna Baum schien es kaum besser zu gehen, sie sah sich
betroffen in dem Raumhafen um, ein riesiger, erdrueckender Bau, es
schien, als wollte heute die ganze Erde zu den Sternen, ueber acht
Galerien schoben sich Reisende in die verschiedenen Gaenge zu ihren
Zielen, aber sie wussten wenigstens, wohin sie gebracht wurden. Nach
endloser Zeit pruefte ein muerrischer Mensch ihre Karten und verglich
sie mit den Daten in seinem Terminal, nickte befriedigt und eine
Schleuse oeffnete sich zischend, sie wollten schon durch als seine
Stimme sie zurueckhielt: \"Sie haben ihre Bordkarten vergessen.\"
\"Danke\" murmelte Loeffler, langte nach den Karten und schob sie beide
durch die Schleuse. Ein mulmiges Gefuehl, die Schleuse sich wieder
schliessen zu hoeren, dann liefen sie einen langen metallenen Gang
zur Faehre runter, der kuenstlich beleuchtet wurde. \"Guck mal, so
etwas habe ich noch nie gesehen.\" Loeffler wandte sich um und sah ein
Wappen mit einem brennenden, niedergehenden Luftschiff in einer
rot-schwarzen Darstellung, obwohl er sich daraus keinen Reim machen
konnte, lief es ihm kalt den Ruecken runter. \"Ist gut gemacht,
finden Sie nicht auch?\" Er drehte sich erschreckt um und sah in ein
gutmuetiges Grinsen. \"Gestatten Sie, Frederick G. Forsyte,
Schokoladenfabrikant, Sie wissen sicher, MILKA im lila Papier, nennen
Sie mich Fred.\" Mit einem Umfang, der Anna auf mindestens drei
Zentner schliessen liess, hatte er sicher recht: \"Aeh, ja, Gerhardt
Loeffler und Anna Baum, wir sind leider noch nicht selbststaendig.\"
Forsyte gab sich weiterhin loyal: \"Das macht doch nichts, hier,
nehmen Sie einen Riegel Schoko und kommen Sie zur Faehre, ich
blockiere noch den ganzen Gang, hehe.\" In der Tat stauten sich
weitere Reisende hinter Forsytes Massen, so dass die drei neuen
Bekannten sich zur Faehre begaben. Der Start mit der Faehre
\"Columbus\" schien tatsaechlich der aus dem Film zu sein, Forsyte gab
Stories aus seiner Branche zum Besten, so dass Loeffler sich der
Muehe seine neue Identitaet zu verteidigen enthoben sah. In der Tat
war er sogar viel zu aufgeregt, Forsyte zuzhoeren, so verpasste er
eine Menge interessante Geschichten, die Anna aufgeregt konsumierte.
Wieder durchstiess die Faehre die Wolken, wieder wurde ein schwarzer
Schatten im Weltraum groesser und groesser, Loeffler meinte eher
bedrohlicher, bis die Hindenburg in voller Pracht zu sehen war.
\"Dies ist jetzt die dritte Fahrt, die ich hier mitmache, es ist jedes
mal aufregend\" \"Ach ja? Wissen Sie, wir sind zum ersten mal dabei.\"
\"Wie sind Sie denn auf die Hindenburg gekommen?\" \"Durch Bekannte, sie
schienen so begeistert zu sein, dass Gerhardt, ich meine Herr
Loeffler, meinte, wir sollten auch mal einen Trip wagen.\" Genannter
Loeffler wollte schon zusammenzucken, bevor er bemerkte, wie perfekt
eine Sekretaerin diese Art von Geplauder beherrschte. Die Triebwerke
grollten zur letzten Kurskorrektur leise auf, dann hielt die Columbus
direkt auf den Schleusenschacht der Hindenburg zu, viel zu schnell,
wie es Loeffler schien, die Decks und Aufbauten des grossen Schiffes
flitzten an seinem Fenster vorbei, dass es ihm mulmig vorkam,
ploetzlich hing er im Gurt und die Faehre wurde langsam in einer
grossen Halle angedockt, \"Elektromagnetische Bremsen,
Flottenstandart\", erklaerte Forsyte ungeruehrt. Die meisten
Passagiere standen auf und begaben sich geordnet zur Schleusentuer,
als seien sie es schon gewohnt, da Forsyte den meisten zunickte,
schienen sie es in der Tat gewohnt zu sein. Hinter der Schleuse
wurde das beruhigende Weiss der Faehre durch das Schwarz der
Schleusenhalle der Hindenburg abgeloest, ein Stewart in einer Art
Uniform verteilte an die Passagiere, nach nochmaliger Kontrolle der
Tickets, Laserkarten. Loeffler drehte sie zwischen seinen Fingern um
und betrachtete sie aufmerksam von allen Seiten. \"Darf ich Ihnen
helfen?\", Forsyte wartete die Antwort nicht ab, sondern nahm ihm die
Karte ab und steckte sie in einen Schlitz in der Wand, der durch
einen silbernen Pfeil markiert wurde. Sofort klappte ein Keyboard
aus der Wand und gab damit auch einen kleinen Bildschirm frei, der
nur ein \"Eingabe Gerhardt Loeffler:\" von sich gab. \"Damit koennen
Sie sich jederzeit im ganzen Schiff zurechtfinden, aber auch
verschiedene Dienstleistungen anfordern, praktisch was?\" \"Koennen Sie
es mir mal zeigen, ich habe keine besondere Ahnung davon.\", er sah
sich das Terminal zweifelnd an. \"Es ist sehr praktisch, diese Tasten
pruefen bei jeder Eingabe Ihre Fingerabdruecke, bei mir tut sich da
ueberhaupt nichts. Geben Sie mal \'Standort\' ein.\" Auf Standort gab
das Terminal \"Faehrendeck #2\" aus, und auf Rueckfrage einen
Kartenauschnitt des Bereiches, wo sie sich befanden. Loeffler haette
gerne weiter damit rumgespielt, als eine Stimme durch den Saal
hallte: \"Wir begruessen Sie an Bord der Hindenburg und wuenschen
Ihnen viel SPASS auf dieser Expedition. Ein Begruessungsumtrunk
steht fuer Sie bereit, wir verlassen die Erdumlaufbahn in fuenf
Stunden mit Kurs auf Alpha Crucis, dem letzten Aussenposten des
Reiches. Sie waren uebrigens die letzten.\" Ein pflichtschuldiges
Lachen schwebte durch die Halle, dann gesellten sich die Passagiere
in kleinen Grueppchen zu den Stewarts, die Glaeser mit Sekt
verteilten. \"Wir sehen uns dann beim Antrittsessen bei Startzeit,
Sie finden Ihre Kabine?\" Anna versicherte Forsyte, dass sie mit den
Terminals ausreichend umgehen konnte und sie beide schon zum Ziel
braechte, so dass Forsyte beruhigt seiner Wege zog. \"Wo sind meine
Abendanzuege, verdammt noch mal?!\", Loeffler schaukelte sich langsam
zum cholerischen Anfall hoch, besonders das Laecheln dieses Stewarts,
die auch noch irgendwie alle gleich aussahen, brachte ihn zur
Weissglut. \"Es ist hier nicht Sitte, Abendanzuege zu tragen, Sir.\"
\"Das ist kein Grund sie zu verstecken!\" \"Bitte nehmen Sie doch die
bereitliegenden Anzuege.\" \"Die schwarzen Klamotten? Wie kaeme ich
dazu?\" \"Bitte beruhige Dich doch, Schatz, wenn es hier so ueblich
ist, dann lass sie doch.\" Er ueberlegte es sich noch mal, und um
nicht weiter aufzufallen entliess er den Stewart mit einem
ungnaedigen Wink aus der Kabine. Jetzt wusste er wenigstens, warum
die restlichen Passagiere so wenig Gepaeck hatten, Kleidung, eher
Uniformen, wenn auch relativ elegante, wurden von PamBlitz gestellt.
Die Kabine war geraeumig und bot mehr als ausreichend Platz fuer zwei
Personen, der Umbau der Hindenburg auf 900 solcher Kabinen musste
nochmal Millionen gekostet haben, aber den Innenarchitekten sollten
sie besser vor die Tuer (der Hindenburg, hehe) setzen, bei schwarzer
Bettwaesche hoert der Spass auf und faengt Nekromanie an. Mit
solchen und aehnlichen Gedanken versuchte sich Loeffler zu beruhigen,
das Durchwandern endloser Gaenge und Aufzuege hatte ihn in einem
starken Stresszustand versetzt, er begann jetzt die Groesse dieses
Schiffes zu verstehen und litt an einer leichten Klaustrophobie, ohne
Anna haette er sich aber hier noch in schlimmere Geisteszustaende
versetzt. Wieder ging das rote (ROT!) Licht ueber der Tuer an, dass
jemand einzutreten wuenschte, unwillig drueckte Loeffler den Knopf
und fauchte \"Was wollen Sie denn noch?\" Schmidt hielt sich den
Zeigefinger an den Mund und trat in die Kabine: \"Eigentlich wollte
ich nur fragen, wie Sie sich hier zurechtfinden.\" \"Gut, man hat
unsere saemtlichen Anzuege konfisziert und uns diese Familiengruft
zugewiesen, aber sonst geht es bestens!\" \"Beruhigen Sie sich, alle
Passagiere scheinen hier schwarz zu tragen, das gehoert wohl zu einer
Art Gemeinschaftsgefuehl, das PamBlitz erzeugen will, sehen Sie mich
an, mir hat man diesen grauen Knastanzug verpasst.\" Schmidt sah jetzt
nicht mehr so stattlich aus, wie vor Tagen im Medienraum von Bolder,
dieser graue Anzug schaffte es irgendwie alle Koerperkonturen zu
verwischen. \"Wie gehts Ihnen sonst?\", Anna fand sich auf der
Hindenburg schnell zurecht. \"Man hat mich mit 20 anderen in einem
Schlafsaal einquartiert, von denen gibt es aber noch ziemlich viele.
Ich geh jetzt wieder, hier habe ich eigentlich keinen Zutritt, aber
man hat so seine Tricks,\" Schmidt laechelte selbstgefaellig, \"die
anderen grinsen mich nur bloede an, wenn ich sie frage, was wir hier
sollen, mir scheint, wir sind fuer besondere Zwecke vorgesehen. Viel
Spass noch, denken Sie daran, die Firma hat Ihnen einen kostspieligen
Urlaub spendiert!\" Er verschwand wieder, so dass sich Loeffler
fragte, was er eigentlich wollte. \"Ich mach mich ein bisschen
frisch, wehe Sie gucken!\", Anna lachte schelmisch, bevor sie ins Bad
verschwand. Ein Bad pro Kabine, die Hindenburg war wirklich
verschwenderisch ausgestattet, aber allein darin konnte ihr Erfolg
nicht liegen, auch nicht an dieser Uniformierung der Passagiere, die
mussten noch mehr bringen. Loeffler beschloss seine Zeit nicht
laenger irgendwelchen Gruebeleien, sondern dem persoenlichen Terminal
zu widmen, Anna und Schmidt schienen auch nicht uebermaessig besorgt
ueber ihre Sicherheit zu sein. Am Terminal lag eine Message vor:
\"Habe fuer Sie zwei Plaetze am Kapitaenstisch organisiert, erwarte
Sie dann. Forsyte\" Als Loeffler mit Anna die Gemeinschaftshalle, aus
bisher nicht naeher erlaeuterten Gruenden \"Bruecke\" genannt, betrat,
blieb ihm der Atem weg. PamBlitz hatte tatsaechlich alle 1500
Passagiere in einer Halle untergebracht, in zwoelf Galerien, die
zudem unregelmaessig gebaut waren und teilweise in phantastischen
Formen ueber der Halle hingen, waren die Gaeste der Hindenburg
verteilt. Der Saal war so entworfen, dass man unwillkuerlich auf
sein erhoehtes Ende schauen musste, wo eine massige Gestalt schon
winkte. Wie Forsyte sie auf diese Entfernung erkannt haben mochte,
war Loeffler ein Raetsel. Ein Stewart trat heran und fragte nach den
Bordkarten, er haendigte sie ihm aus, nachdem dieser sie geprueft
hatte schien ein bisschen Ehrfurcht sein Gesicht zu verzieren, er
brachte sie zuegig nach vorne, wo Forsyte sie schon erwartete, auch
er trug schwarz, aber mit ein paar seltsamen Streifen dazwischen. Im
Hintergrund spielte die gleiche bizarre Musik, die Loeffler schon in
diesem Werbefilm gehoert hatte, aber das schien ihm schon eine
Ewigkeit zurueckzuliegen. Der Kapitaen, ein richtiger Bartmensch mit
Augenklappe, ob jetzt Aufmachung oder ob es sowas heute noch gab,
begruesste sie beide mit Handschlag: \"Willkommen an Bord, dies ist
Ihre erste Reise mit der Hindenburg?\" Wieder uebernahm Anna die
Konversation, Loeffler beobachtete nur noch staunend diese Halle,
nicht alle Passagiere sahen im Augenblick auf diesen Tisch, konnten
aber jederzeit durch eine leichte Wendung mit dem Kopf die Vorgaenge
hier beobachten, er kam sich vor wie auf einem Praesentieteller, der
Tisch selbst hatte auch fuer jeden Gast einen Schlitz fuer die Karte,
er nahm an, dass es sich bei allen anderen Tischen hier genau so
verhielt. Die gegenueberliegende Wand zeigte ein riesiges
Hindenburgemblem, Loeffler fragte sich, warum es ihm zuerst entgangen
war. \"Mr. Forsyte hat sie beide uebrigens als Novizen fuer diesen
Tisch vorgeschlagen, ich hoffe, Sie werden annehmen?\" Loeffler
fuehlte sich ueberumpelt: \"Was ist das, Novizen?\" \"Oh, Sie werden
waehrend der heissen Phasen auch mal stundenweise hier
Kontrollfunktionen ueber die Hindenburg ausueben.\" \"Ich dachte,
dafuer braeuchte man eine Ausbildung, und Patente und sowas?\" \"Nur
innerhalb des Reiches\", der Kapitaen laechelte. Am Tisch sassen noch
ein lange pensionierter hoher Militaer, General Carter, und ein
Xenobiologe, Dr. Herbert von Salzick, beide laechelten mit dem
Kapitaen wissend. Die Stewarts begannen das Mal aufzutragen, ein
Streifzug durch die bisher besiedelten Welten, den Nachtisch bestritt
Forsyte mit seinen Produkten, eine staendige Geraeuschkulisse aus
Raunen ging durch den Saal, die abrupt unterbrach, als Kapitaen Hero
einen Gong ausloeste: \"Meine Damen, mein Herren, darf ich Ihnen die
Schiffsnovizen der dritten Expedition vorstellen, Mrs. Baum und Mr.
Loeffler!\" Loefflers Schrecken mehrte sich, als Annas und sein
Konterfei riesig auf der Wand erschienen, wo eben noch das
Hindenburgemblem war. Hero reichte Ihnen mit feierlicher Miene zwei
silberne Streifen, die ihm Forsyte aus der Hand nahm und den beiden
anheftete. Ein Klatschen erfuellte den Saal. \"Aktivieren Sie Ihr
Terminal!\" Gehorsam steckte Loeffler seine Karte in den Schlitz, der
Bildschirm zeigte jetzt \"Novize Gerhardt Loeffler:\" an. Der Kapitaen
gab irgendetwas bei sich ein und die Wand zeigte nun ein
atemberaubendes Panorama der Erde, die sich langsam unter der
Hindenburg drehte, im Hintergrund die Sterne. \"Starten Sie die
Expedition, Novize Loeffler!\" \"\'Start Drive with #1\' eingeben.\",
fluesterte Forsyte. Loeffler gab den Satz ein, ein leises, aber
tiefgruendiges Droehnen erfuellte den Saal, die Erde kippte zur Seite
und verschwand, Ziffern wurden eingeblendet. \"Gut, sehen Sie, es ist
nicht so schwierig das Schiff zu fuehren.\", der Kapitaen lachte, der
Rest des Schiffsabend verbrachte man mit Musik und gepflegter
Konversation. Das Raumschiff glitt ueber einen dichten Dschungel,
als ploetzlich die Panzer in einer Lichtung auftauchten. Es hagelte
Granaten bis eine traf, das Schiff zersprang in Truemmer, die sich
ueber den ganzen Bildschirm verteilten, dazu ein Sound, der den
Apparat beben liess. \"Fuer den Anfang nicht schlecht, Gerhardt, aber
Du musst noch ein bisschen ueben.\" Loefflers feuchtschwitzige Haende
liessen den Joystick los, er hatte schon immer gerne ein Spielchen an
diesen Automaten gewagt, aber diese waren, trotz der besten Graphik,
die er bisher gesehen hatte, zu schwierig: \"Ich schaff das nie, bei
diesen verdammten Panzern gehe ich immer drauf!\" \"Du musst doch
inzwischen die Taktik von diesen Kriechern kennen, sie schiessen Ihre
Munition immer auf die Stelle, die Du bei gleichbleibenden Kurs
zusammen mit dem Geschoss erreichen wirst. Achte darauf und Du
kannst die Panzer abhaken.\" Diesmal spielte er danach und ueberwand
tatsaechlich die Panzerbarriere um danach nur wieder neuen Tricks des
Automaten gegenueberzustehen. \"Wie machst Du dass, Frederick?\"
\"Achte auf Ihre Taktiken, sie sind immer primitiv, im Ernstfall
darfst Du Dir keine Fehler mehr erlauben!\" Loeffler spielte
konzentrierter und nach zwei Stunden beherrschte er den Automaten.
Er und Forsyte standen im grossen Spielsalon der Hindenburg, wo sich
die Passagiere extrem guten Simulationen hingeben konnten. Forsyte
fand scheinbar nichts mehr an diesen Spielen, er sprach dauernd von
Gerhardts und Annas Ausbildung, die noch erfolgen musste, so hatte er
Anna zu einer Art Schuetzenverein abkommandiert, Loeffler fand ihn
langsam als aufdringlich. Seine Karte kam aus dem Automaten wieder
raus und er fragte sich, was wohl passiert, wenn man ihn doch nicht
besiegt. Die Antwort ersparte er sich lieber, die Schiffslogik
verlief so, dass er dann so lange zu ueben hatte, bis er die Karte,
und damit seine Rechte hier, vom Automaten zurueckerhielt. Anna
hielt das schmale Schwert in Schutzstellung und wollte gerade
angreifen, als ihre Lehrerin ihr es mit einer geschickten Wendung aus
der Hand schlug, das Schwert schlug klirrend auf. \"Sie halten es
falsch!\" Die Fechtlehrerin hob es fuer sie wieder auf und drueckte es
ihr in die Hand, \"So, sehen Sie.\" Sie fuehrte das Manoever von eben
nochmal langsam vor und Anna sah, wie man ein Schwert sicher in der
Hand haelt ohne es zu verlieren. Diese neue Art sportlicher
Betaetigung machte ihr Spass, und so war sie auch mit Eifer dabei.
\"Gerade halten, so triffst Du nie!\" Forsyte begutachtete nochmal
Loefflers Haltung, dann drueckte er den Starthebel. Sie befanden
sich in einem dichten Dschungel, aus einem schmalen Pfad stuermten
rote Gestalten, die sich auf tausenden kleinen Wurmfortsaetzen
schnell bewegten. Loeffler drueckte ab, Lichtfinger griffen nach den
Aliens, die Anstalten trafen, zurueckzuschiessen, Loeffler warf sich
auf den Boden und feuerte weiter, die Gestalten sanken in sich
zusammen, aus den Einschussloechern kraeuselte sich der Qualm, eine
gelbliche dicke Fluessigkeit sickerte aus den Wunden, ein Quieken
wurde laut Loeffler meinte fast, den Gestank riechen zu koennen. Vor
ihm spritzte die Erde auf, er warf sich zur Seite und erwischte den
feigen Heckenschuetzen, ploetzlich erstarrte die Szenerie, ein Alien
rechts blinkte auf. \"Der hat Dich erwischt, aber das war bisher
spitze.\" Loeffler meinte zumindestens, dass er auf dieser Reise ein
paar Kilo abnehmen wuerde. Sie absolvierte noch ein paar Probefluege
im Trainer, die kleinen Kunststueckchen mit dem Jaeger gelangen ihr
schon ganz gut, sie glitt auf den steilen Berggipfel rauf, tauchte
ein in eine lange Schlucht, in der ein Fluss stroemte, sie fuehrte um
mehrere Ecken, die sie mit Bravour nahm, als dann dieser verdammte
Wasserfall auftauchte. Wand, nichts als steile Felswand und dem
Fluss, der bis dahin unterirdisch verlief, sie reagierte Bruchteile
von Sekunden zu spaet und zerschellte. \"Lass mich mal.\", Loeffler
war ganz vernarrt in diesen Simulator, als Anna austieg laechelte er
ihr zu und begann einen atemberaubenden Schauflug. \"Meine Damen und
Herren, wir verlassen so eben Alpha Crucis und damit die Grenzen des
Reiches. Traditionell informiere ich Sie nun darueber, dass jetzt
die Gesetze des Reiches ausser Kraft gesetzt sind und die
schiffseigenen nun fuer uns alle gelten. Die Show kann beginnen!\"
Kapitaen Hero setzte sich wieder und genoss den Jubel, der ihn
umbrandete. Loeffler begann die ungeheure Popularitaet dieser
Fahrten zu verstehen, mit einem unguten Gefuehl begann er die
Hindenburg aus dem Orbit herauszufuehren, nie haette er auch nur im
entferntesten daran gedacht ein Raumschiff zu steuern. Wieder
schwenkte ein Planet weg, diesmal unter einem Kurs, den er selbst
berechnen musste, allerdings warf der Kapitaen ein genaues Auge auf
sein Tun. \"Kurs: Ramses\" liess er auf der Wand erscheinen, was ihm
weiteren Jubel erbrachte. Der Kapitaen erhob sich wieder, diesmal
mit einem Glas in der Hand: \"Bis zum Eintreff am endgueltigen
Expeditionsziel verbleiben noch ein paar Tage, die wir Sie gut
unterhalten werden!\" Die Mitte des Saales wurde hell ausgeleuchtet,
zwei Personen marschierten herein, Anna fluesterte aufgeregt: \"Der
linke ist Schmidt!\" \"Pssssst\" war Loefflers einziger Kommentar.
Schmidt und der andere entledigten sich der grauen Kleidung und
erschienen nun wie zwei roemische Gladiatoren, Schmidt hatte ein
Kurzschwert, der andere ein Netz und einen langen Dreizack. \"Auf wen
setzten Sie?\" Loeffler wandte sich entsetzt zu Forsyte: \"Sie meinen,
die kaempfen?\" \"Wofuer machen wir sonst eine Fahrt ausserhalb der
Grenzen, das hier geht niemanden mehr was an. Also, auf wen?\" \"Auf
den linken natuerlich! Eine Runde?\", Anna holf Loeffler wieder aus
der Verlegenheit. \"Gut, ich auf den rechten.\" Schmidt grinste
nochmal in den Saal, als auf der Wand ein riesiger roemischer Adler
erschien, die beiden Gladiatoren schienen das als Zeichen zum Beginn
aufzufassen. Der mit dem Netz umkreiste Schmidt taenzelnd, der
wiederum nichts von einem langen Vorspiel zu halten schien, er
fuehrte einen Scheinangriff auf den Dreizack aus, wie um ihn
wegzuschlagen, der andere hob den Dreizack an, streifte Schmidt an
der Seite und sah nur noch ueberrascht drein, als Schmidt ihm die
Kehle durchschnitt. Loeffler sah nur noch rot, nach wenigen
Augenblicken war es schon vorbei, mitten im Saal lag ein Mann in
einer roten Pfuetze aus seinem Blut, er spuerte Uebelkeit in sich
hochsteigen. \"Gut, Sie haben gewonnen, eine Runde.\", Forsytes
froehliche Stimme brachte ihn nur teilweise in die Wirklichkeit
zurueck. \"Das war ekelhaft und widerwaertig!\" schrie er in der
Kabine, \"Sie haben heute Abend 7 Leute niedergemacht!\" \"Soll ich mich
fuer Sie aufschlitzen lassen, oder wie stellen Sie sich das vor? Wir
wissen jetzt was wir wissen wollten, jetzt muessen wir nur noch
lebend hier raus.\" Loeffler schien sich zu beruhigen, hier raus war
alles was er wollte, die Menge da draussen schien sich an den
Kaempfen nur aufzugeilen, er konnte sich fast denken, was da auf
diesem Planeten passieren wuerde. \"Wir duerfen uns bis zum Ende der
Reise nicht mehr treffen, ist mir zu gefaehrlich, die exponierte
Stellung, die Sie beide hier haben macht Sie zum Mittelpunkt des
allgemeinen Interesses. Deswegen rate ich Ihnen, Loeffler, auch das
naechste mal unauffaelliger aufs Klo zu gehen, wenn Ihnen etwas nicht
passt!\" Schmidt nickte Anna zu und verschwand. \"Komm doch, die Leute
wussten genau, was sie erwartete.\" \"Schmidt scheinbar nicht!\" \"Haelst
Du unseren Sicherheitschef fuer einen Unschuldsengel? Bolder haette
uns niemals ziehen lassen, wenn er ihm irgend etwas ueber vermutliche
Gladiatorenveranstaltungen erzaehlt haette.\" Loeffler glaubte an
nichts mehr, nur noch an die Katastrophe, in der das ganze enden
musste. Ihnen war befohlen, ja befohlen worden in einer Stunde auf
der Bruecke in voller Ausruestung zu erscheinen und das Orbitmanoever
um Ramses mit durchzufuehren. \"Gut, ich sag nichts mehr!\", er legte
sich in sein Bett und versuchte aufzuhoeren zu denken. \"Orbit
ausgefuehrt\", die Tastatur klappte ins Terminal zurueck, die
Umlaufbahn war stabil, der Planet aus dem Film zog unter der
Hindenburg vorbei. Angespanntes Schweigen erfuellte den Saal, der
Kapitaen erhob sich, diesmal mit einem Schwert in der Hand: \"Sie
haben Ihre Anweisungen, worauf warten Sie?\" Der Saal leerte sich
langsam, in Gruppen verschwanden die Passagiere in den
Seitenkorridoren. \"Ihr beide fliegt mit meinem Zug.\", Forsyte
strebte einem Gang zu, ohne eine Antwort abzuwarten, Anna folgte ihm,
so dass Loeffler auch seinem Schicksal ergeben hinterher trottete.
Sie kamen ueberraschend schnell zu den Hangars, wo zwoelf Jaeger auf
sie warteten. Drei waren noch frei, Loeffler fragte sich, ob die
\"Ausbildung\" die man ihm verabreicht hatte, reichte um eine dieser
Maschinen laenger als 5 Minuten zu fliegen, er bestieg seine wie im
Traum und klappte das Visier runter. Die Stimme Forsytes zaehlte,
jetzt voellig unpersoenlich, die Sekunden bis zum Start. \"Zero\",
automatisch loeste er das Triebwerk aus, ein Droehnen wie im
Simulator erfasste die Maschine, aber jetzt wurde er in den Sitz
gepresst, er liess die Hindenburg hinter sich und folgte 11 kleinen
Punkten auf seinem Radar und befand sich schon bald, zu seiner
eigenen Ueberraschung, in der Wolkendecke, es verlief wieder wie im
Film, sie durchstiessen die Wolken und er sah die Waelder und
Fluesse, ein scharfer Ruck und er zwang den Jaeger in die
Horizontale, auf dem Radar waren jetzt mehr Punkte als vorher, die
Stadt tauchte auf, Loeffler flog weiter, als dann ploetzlich Laser
von allen Seiten aufblitzten, zuerst von ihren Flugzeugen, dann aus
Stellungen aus der Stadt. Wie in Trance sah Loeffler Maschinen um
ihm herum feuern, manche vergingen auch in hellen Lichtblitzen, aber
meistens waren es Bauten der Stadt, die strahlend vergingen, kleine
Punkte liefen ueber die Strasse, ein paar erreichten die Haeuser
nicht mehr. Ein Haufen Flugobjekte, die keine Jaeger waren, tauchten
vor Loeffler auf: \"Mensch, schiessen Sie endlich, oder wollen Sie
hier krepieren?\", das war Forsytes Stimme, 11 Maschinen schossen auf
die Fremden, also auch Anna, Loeffler drueckte ab. Die Schlacht
verlief ueberraschend unguenstig fuer die Hindenburg, aber Loeffler
bemerkte es nicht so, er schoss im wahrsten Sinne des Wortes durch
die Stadt, die ihrem Ende nah schien. Neben ihm kassierte eine
Maschine mehrere Treffer und sackte ab: \"Scheisse, hier Forsyte, ich
bin getroffen, holt mich da raus!\" Loeffler sah vertraeumt auf die
Maschine, wie sie auf einer Strasse aufsetzte und dabei mehrere
Aliens unter sich begrub, danach funkenschlagend liegen blieb.
\"Willst Du nichts tuen?\" Das war Annas Stimme, Loeffler erwachte
langsam aus seinem Rhytmus, eine weitere Maschine ging tiefer in das
Chaos, diesmal relativ kontrolliert, aber irgendetwas drueckte sie
zur Seite an ein Hauswand, sie ueberschlug sich mehrmals und stuerzte
splitternd in eine riesige Glasfensterfront. Bevor Loeffler einen
klaren Gedanken fassen konnte, war der Ort des Geschehens schon weit
entfernt, er wendete in einer Art Looping und flog zurueck. Wieder
gerieten Alienmaschinen in sein Blickfeld, er schoss sie runter, dann
die beiden Wracks, er ging runter, die Strasse und die Gebaeude kamen
rasend schnell auf ihn zu, er unterflog eine Bruecke, rammte fast
eine riesige Saeule, dann setzte er knirschend auf, die Maschine
schleuderte Truemmer zur Seite und blieb stehen. Loeffler oeffnete
vorsichtig das Visier, aber auf der Strasse war niemand, der den
Wunsch hatte ihn zu erschiessen. Er taumelte aus der Maschine, und
atmete die Luft ein, erinnerte sich mit Schreck daran, dass sie nicht
unbedingt vertraeglich sein musste, atmete nochmal, roch etwas Ozon,
und begann die Strecke zurueckzuwandern. Es war auf einmal
schrecklich ruhig, Bruchstuecke lagen auf der Strasse, die Gebaeude,
soweit sie noch standen, wieden schwere Beschaedigungen auf, von den
Bewohnern der Stadt keine Spur, bis auf die, die es erwischt hatte,
und die erinnerten Loeffler an die Gladiatoren auf der Hindenburg.
Durch die Truemmerberge kam er nur langsam voran, bis er die
Glasfront mit Annas Maschine erreichte. Sie sass oben mit
geoeffneten Cockpit und winkte ihm zu: \"Schoen, dass Du auch noch
mal kommst!\" Er grinste und rief: \"Spring runter!\" \"Verrueckt
geworden?\" \"Willst Du warten, bis die sich hier erinnern, was los
ist?\" Sie kletterte vorsichtig aus der Maschine und liess sich an den
Armen runterhaengen, \"Fang mich auf!\", und liess los. Der Schwung
riss beide auf die Strasse, wo sie lachend liegen blieb. \"Was ist
hier so komisch?\" Anna verstummte und passte sich damit ihrer stillen
Umgebung an. Zu zweit erreichten sie dann Forsytes Maschine, er lag
mehr als er auf seinem Sitz sass und stoehnte verhalten, sie mussten
ihn rausheben, wobei er schon etwas lauter stoehnte. \"Geschieht ihm
recht.\" murmelte Loeffler. Schweigend humpelten sie zu dritt durch
die leere Strasse zu Loefflers Jaeger zurueck. Nichts ruehrte sich,
obwohl sie sich andauernd beobachtet vorkamen, aber beobachtet von
angstvollen Augen. Waeren es Menschen gewesen, die dort lagen,
haette Loeffler es nicht lange durchgehalten. Zu dritt im Jaeger war
es ziemlich eng, durch die harte Landung beschaedigt, stieg der
Jaeger nur noch langsam, der ganze Himmel war frei. \"Wo sind die
anderen?\" \"Wahrscheinlich bei der naechsten Stadt\", fluesterte
Forsyte, \"die hier ist erledigt.\" Loeffler schwieg sich dazu aus und
brachte es irgendwie zuwege, den Jaeger zur Hindenburg zurueck zu
bringen. Der Kreuzer war nicht allein, ein fremdartig aussehendes
Schiff hing neben ihr am Himmel. \"Scheisse!\", murmelte Forsyte.
\"Wollen Sie ein Schoko?\" Loeffler gab sich hoehnisch und hielt auf
einen Schacht der Hindenburg zu. \"Willst Du das Ding da nicht
erledigen?\" Mit dem Zeigefinger an der Stirn wandte sich Loeffler an
Anna, aber die sah nur kreidebleich auf das fremde Schiff, dessen
Ausmasse der Hindenburg aehnelten. Der Schacht kam dunkel auf sie zu
und huellte sie schuetzend ein. Die Automatik fuehrte den Jaeger in
den Hangar zurueck, der sonst leer war, niemand wusste, wie man das
auffassen sollte. Die Gaenge waren nur zwielichtig beleuchtet, als
sie auf die Bruecke zurueckamen schreckte Loeffler vor jedem Schatten
zurueck. Die letzte Tuer glitt zischend beiseite, Loeffler sah zwei
rote Gestalten auf tausenden von kleinen Fuessen und schoss
augenblicklich. Die Aliens schlugen auf dem Boden auf, Forsyte
kicherte: \"Gut!\" Die Bruecke war leer, die beiden waren dort allein
gewesen. Loeffler schaute sich sein Werk genauer an: \"Die waren
unbewaffnet!\" \"Ist das nicht egal? Sie sind hier eingedrungen, und
wer weiss, wie viele hier noch rumlaufen!\" \"Forsyte, sie waren
unbewaffnet, und die in der Stadt waren auch unbewaffnet!\" \"Und mich
haben die magischen Kraefte des grossen Sonnengottes runter geholt?\"
\"Nicht witzig! Ich pfeiffe jetzt dieses Rudel zurueck.\" \"Stimmt, wir
muessen die Hindenburg saeubern.\" Loeffler setzte sich an Terminal
und setzte die Meldungen ab und bekam die Bestaetigungen. \"Was ist
mit dem Alienschiff, Gerhardt, das ist eine Bedrohung!\" \"Es tut
nichts, obwohl es Grund haette!\" \"Weil die Invarsoren bereits an Bord
sind!\" \"Ich habe es ueberprueft, die Mannschaft weiss von nichts, und
Hero schlaeft scheinbar einen Rausch aus!\" \"Die Mannschaft wusste
auch nichts von den beiden da, ich sage abknallen, wir haben da
Raketen...\" \"Spinnen Sie eigentlich? Fahren hier im Rahmen einer
Kreuzfahrt her um diesen Massenmord zu begehen, ich mach da nicht
mit!\" \"Ueber der Stadt warst Du noch ganz gut drauf. Wollen wir mal
vernuenftig sein, die beiden sind unbemerkt an Bord gekommen, wer
weiss, wie viele Tricks die noch haben. Ueberlege mal, was passiert,
wenn die von uns rausbekommen, wo wir herkommen, wie es dann bei uns
aussieht, kannst Du das verantworten.\", Forsyte sprach
einschmeichelnd. \"Wenn Du das Schiff haben willst, dann loese doch
selbst die Raketen aus. Du warst ja schon oefter hier!\" \"Nein, DU
wirst dieses Schiff vernichten, DU warst bis jetzt dabei, jetzt bring
es zu Ende!\" schlug es Loeffler entgegen. Er schrie: \"Du bist
verrueckt, uebergeschnappt, wie soll man es sonst nennen? Ihr spinnt
hier doch alle! Wir haben seit Jahren Frieden, uns geht es gut, da
ruesten ein paar Kriminelle dieses Schiff aus und machen dort weiter,
wo wir zuletzt aufgehoert haben. Was bringt das, Krieg um des
Krieges willen?\" \"Genau, besser der Agressionstrieb wird hier
draussen befriedigt, als bei uns im Reich. Das ist doch
vernuenftig!\" \"Die Regierung wird Euch dafuer bestrafen, ihr gehoert
alle, wer weiss wohin, aber nicht mehr zu normalen Menschen!\" \"Diese
Regierung hat das Schiff aeusserst guenstig abgegeben, meinst Du, sie
weiss von nichts? Oder dass aus Kostengruenden keine Schiffe mehr
offiziell ausserhalb der Grenzen fahren? Du stellst Dir aber unsere
Gesellschaft harmlos vor, wir SIND NORMALE Menschen!\" Loeffler sass
vor dem Terminal, das ihm die Warnung \"Feindliches Schiff\"
entgegenhielt, die Reihe Tasten, die ganzen Videosimulationen, die
populaeren Filme und Romane, Massendemonstrationen zu Hause, die
steigene Verbrechensrate, die Kriege von frueheren Jahrhunderten \"Wir
sind Raubtiere!\", fluesterte Forsyte, Loeffler sah sich wieder im
Simulator, wie er auf Ufos schoss, und im echten Jaeger, wo er
ebenfalls auf Ufos schoss, wo lag der Unterschied? Das Konzept war
das gleiche, die Begruendung hiess bei beiden ungefaehr \"Nur so\".
Hatte sich die Menschheit irgendwann in die falsche Richtung
entwickelt, oder war die Hindenburg die letzte Konsequenz? Seine
Finger glitten ueber die Tastatur, ganz langsam, es klackte, irgendwo
auf der Hindenburg oeffnete sich ein Schacht, eine Rakete erhob sich
langsam und flog ihrem Ziel entgegen, schneller werdend, auf der
grossen Wand sah Loeffler nur noch eine Sternschnuppe, die auf dem
seltsamen fremden Schiff niederging, die ganze Halle wurde danach
fuer Sekunden in blendendes Licht getaucht, dann war da nichts mehr,
nur Myriaden weisser Punkte, von denen ungefaehr 1500 auf die
Hindenburg zurueckehrten. Ihm wurde klar, dass er gerade einen
endgueltigen Fehler gemacht hatte, er hatte den Teil seiner Rasse
verraten, der niemals auch nur einen Fuss auf dieses Schiff gesetzt
haette.
(SNORR) |
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