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[TXT] Cokie - Mit Hammer und Meise
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Der Archivar



Beiträge: 160

Titel: [TXT] Cokie - Mit Hammer und Meise
Verfasst am: So, 14 Okt 2007, 22:58
Beitrag
Antworten mit Zitat

Code:
MIT HAMMER UND MEISE
--------------------

Wenn eines Tages diese Welt in Schutt und Asche geht, alles was
uns lieb und wert war, verbrannt ist, und sich nirgendwo mehr Le-
ben ruehrt, denn gibt es dafuer zwei moegliche Gruende (und die
Chancen fuer den einenen oder anderen stehen derzeit etwa fuenf-
zig zu fuenfzig) : Entweder war's der atomare Holocaust oder ein
einziges mal zuviel der Satz "Du spinnst wohl, das kann man doch
selber machen!" Diesr Satz - und die Geisteshaltung dahinter -
koennen zusammen zur Vorlage fuer eines der tragigkomischten
Drehbuecher der Welt dienen. Und der Stoff wird von Tag zu Tag
brisanter! Mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der sich unsere
Gesellschaft zur modernen und arbeitsteiligen hin weiterentwick-
elt, geht den Menschen, fuer die das alles geschieht, die Faehig-
keit verlohren, Nutzniesser dieser Entwicklung zu sein. Jeder
kuemmert sich freiwillig um jeden Dreck und ist auch noch stolz
darauf! Die Auswuechse dieses Phaenomens bewegen sich zwischen
'harmlos, aber laestig' und 'aergerlich und gefaehrlich'.
Man kauft sich (ruhig im besten Laden der Stadt) ein Elektroge-
raet, fragt den Verkaufer unsicher, ob er wuesste, welche Bat-
terien da rein muessten, und der antwortet blitzgescheit:

 Da muessen sie mal reingucken!"

Ja, Himmel Arsch und Wolkenbruch - Bin ich vielleicht Techniker?
Ich moechte in meinen Walkman nicht reingucken, da soll was
rauskommen. Und sonst nix!
Es gibt, sonnenklar, auf dieser kugelrunden Erde einen ganzen Ha-
ufen Dinge, von denen ich weiss, das man sie wissen, kennen, und
verstehen kann; ich weiss aber im gleichen Moment, das es mein
Leben nicht bereichern wuerde, wachte ich morgens auf und wuesste
ploetzlich, wie ein Trikorder, ein Wasserstoffivaporator oder ei-
ne Briefmarke funktioniert. Und nie, nie wuerde ich einem Mensch-
en jener wunderbaren, leider austerbenden Gattung verachten, oder
gar belaecheln, der halt noch glaubt das 'Wagenheber' die starken
Maenner seien, die im Wanderzirkus auftreten, 'Mikrochips' fuer
die Kruemel am Boden einer Bahlsentuete haelt, oder 'Luester-
klemme' fuer jemanden, der es nicht lassen kann, Fickmagazine zu
klauen, wo immer er sie sieht. Es mus doch wirklich noch moeglich
sein, von gewissen Dingen einfach nix wissen zu wollen. Auch,
wenn die bastelheftimperien dagegen sind.
Die weitverbreitete und verbiesterte Marotte, seine Nuestern in
wirklich alles und jedes hineinzustecken, hat mittlerweile in den
Wohnungen und auf den Strassen und Plaetzen zu einem Durcheinan-
der gefuehrt, das zu entwirren eine Aufgabe fuer absolute Spezia-
listen zu werden droht. Wo man hinguckt und wo man hinkommt, ho-
cken erwachsene Maenner in Haufen von aufgerollter Auslegeware
still und dumm in der Ecke herum und suchen, mit mehr Hansa-Plast
als Stoff am Koerper, nach der abgebrochenen Ecke des Teppichme-
ssers, obwohl auf der schon laengst der Saeugling herumlutscht;
stehen Herren, Damen, Greise und Halbwuechsige zitternden Knies
auf wackeligen Aluminiumleitern, von acht herbeizititierten Na-
chbarn festgehalten, und fuhrwerken (anbiedernderweise nach Ha-
ndwerkerart durch die Zaehne pfeifend) mit dem Schraubenzieher
an einer lampenfassung an der Zimmerdecke herum. Und wenn's Tele-
fon klingelt, kann wieder keiner rangehen!
Es ist fuerchterlich, es ist grausam, es ist unbeschreiblich: Je-
der Hans und jeder Franz macht und tut und schraubt und werkelt,
als ginge es um sein leben, sammelt Stromschlaege und Schnittver-
letzungen wie ehedem Sonderbriefmarken oder Schmetterlingspuppen,è
waehrend gestandene Handwerksmeister sonder Zahl auf dem Arbeits-
amt Mann an Mann die Baenke druecken, wie Zugvoegel auf Stromlei-
tungen. Und dabei fast einen Kollektivknall kriegen, wenn sie zu-
gucken muessen, wie der Hausbote die Flurbelaeuchtung mittels ei-
ner mit Stanniolpapier umwickelten Haarspange zu reparieren ver-
sucht. Es wimmelt von Menschen (und taeglich werden es mehr), die
nichts dabei finden, sich ueber ein halbes Jahr lang jedes Wo-
chenende (mit einer immer groesser und groesser werdenden Werk-
zeugtasche und der gleichen aufgerollten Markise samt Haltestan-
gen) auf der Terasse zu zeigen, am Samstagmorgen die Trittleiter
aufzubauen und am Sonntagabend wieder ab, den Radau einer Ost-
blockschreinerei zu veranstalten, sechs Monate lang, wenn's sein
muss, zwei Bohrmaschinen zu verbrauchen, sieben Hammerstiele
abzubrechen und vierzehnmal den Notarzt zur Wundversorgung kom-
men zu lassen, um denn im Spaetherbst, kurz bevor der erste
Schnee faellt, hochroten Kopfes einen im Biergarten geklauten Je-
ver Pilsener-Sonnenschirm aufzustellen. Anstatt gleich im Frueh-
jahr fuer 43.-- plus 14% Mehrwersteuer einen Handwerker kommen
zu lassen. Und somit den Nachbarn eine Menge Krach, tiefempfun-
denen Scham fuer die Dummheit anderer Leute und Augenschmerzen
zu ersparen. So ein Handwerkerchen lohnt immer; kommt man an das
richtige, schraubt es die Markise ran, ohne hinzugucken und er-
teilt in den fuenfundzwanzig Minuten, die es dazu braucht, noch
ein paar gute Ratschlaege in sachen kohlehydratarmer Tee-Ei-Ent-
kalkung, Zebrafinkenzucht und Hundehaarallergie. Eins kann man
der Handwerkenden Zunft nun wirklich nicht vorwerfen: Sie ver-
stuende nicht, sich nuetzlich zu machen.
Man sollte ihnen ihr Fachgebiet nicht streitig machen. Aber,
was predigt man hier Vernunft, wo die Welt laengst beschlossen
hat, an ihren Extremen irre zu werden. Es gibt leute, die den
Nagelneuen Staubsauger (wenn der Beutel voll ist, und er keine
Bettfedern mehr vom Kissen zieht) zum Kundendienst tragen und
dort hoeflich fragen,"ob es wohl moeglich sei, die Saugkraft neu
einzustellen".  Und es gibt Leute, die versuchen, ihren BIC-Weg-
werfkugelschreiber selber zu reparieren, wenn er nur noch Unsinn
schreibt.
Die ersten werden stets belaechelt, wenn sie Pech haben verhoeh-
nt, und wenn sie ganz grosses Pech haben, verschwindet der Staub-
sauger kurz in der Werkstatt, kommt nach ein paar Minuten wieder
raus, gefolgt von der Rechnung ueber '1 x Saugkraft neu einstel-
len 75,29 DM'; es ist noch nicht mal der Beutel gewechselt und
die feixenden Lehrlinge kaufen sich in der Mittagspause Zigarren
und Pornovideos. Der praktische Teil der Menscheit glaubt also
auch noch, diese Menschen waeren duemmer - sind sie aber nicht!
Sie sind gelegendlich etwas zerstreut, und das ist alles. Gera-
de Handwerker muessten ueber die Existenz von solchen Leuten ei-
gendlich masslos froh sein. Sind sie im Grunde ihres Herzens ja
auch.
Die anderen, die Bastelholiker, die Kaputtmacher, die Allesbo-
hrer und -Saeger, diese daemlichen Zangengeburten , erkennt
(der Teufel allein weiss warum) niemand so richtig als Problem
an. und bis dato hat sich auch noch niemand so richtig ueber sie
lustig gemacht. Die zweiteren, die stillen hie und da etwas we-
ltabgewandten Zeitgenossen, fuer die gibt es sogar schon Ratge-
bersendungen, an denen hinter den Kulissen Psychologen 'mitbas-
teln'. Und wer kein Fernseher hat, weil er gerade das Gefaengnis
oder fuer laengere Zeit das Krankenhaus hueten muss, bekommt das
Ganze als Beschaeftigungstherapie verordnet.
Dabei sind es doch die Self-Mades, die ihre Umwelt tagaus tagein
Szenen anbieten, das man denken moechte, sie seien mit dem Klam-è
merbeutel gepudert und gehoerten eher in's heim als unter recht-
schaffende Buergerinnen und Buerger; kommen am Montag frue zer-
zaust und verbunden in's Buero und betonenen laut, dass sie sich
am Wochenende 'nicht die Bohne' erholt haetten.

"Nur renoviert und repariert!"

Fragt man sie denn, praechtig erholt und auf der Hoehe, was denn
Schoenes dabei herausgekommen ist, kommt so etwas wie:

"Naja, eine Fussbodenleiste anegebracht und den Kuehlschrank nach-
gesehen!"

"Wie, 'Kuehlschrank nachgesehen'?"

"Na, so nachgesehen eben!"

Meistens wechseln sie denn schnell das Thema« Mein Gott, sollte
an meinem Kuehlschrank jemal etwas 'nachzusehen' sein, denn moe-
chte ich mir doch ausbitten, betelkauend im Treppenhaus warten
zu duerfen und die Wohnung erst wieder betreten zu muessen, wenn
mir der Handwerksmeister durch den Tuerspalt versprochen hat,
dass all die lebensgefaehrlichen Werkzeuge wieder in der Tasche
verstaut sind.
Viele von diesen Freizeitbastlern haben uebrigens einfach ihre
Familie satt und beschaeftigen sich aus diesem Grunde lieber mit
dem Bauknecht als mit dem Dreijaehrigen. Aber das wuerde uns vom
Thema abringen. Von den Sachen, die sie immer kaputtmachen, zum
Beispiel. Und dass sie sich auch noch trauen (ach was , trauen -
sie sind verrueckt danach, den ganzen hanebuechenden Mist, den
sie tagein, tagaus fabrizieren, wo sie gehen und stehen uns Gesu-
nde  zu erklaeren. Mit vor Eifer gerunzelter Stirn, und den Hae-
nden alles erklaerend, belaestigen sie einen mit ihren neuesten
Forschungen und Errungenschaften: Dass sie mit Hilfe eines in's
Scharnier geklemmten Markstueckes (Ost) ihre am Fussboden schlei-
fende Tuer wieder hingekriegt haben (nur, wenn man sie auf oder
zumacht, fliegt es wieder raus, das Scheissding), mit Hilfe der
Zahnspange ihrer Tochter den Uraltplattenspieler geerdet (wenn
sie mal 18 ist, und so leichtsinnig, in den Spiegel zu gucken,
wird sie ihren Papi wegen Koerperferletzung anzeigen), oder wie
sie mit ein paar einfachen handgriffen, einen alten Kippschalter,
etwas Kabel, und einem gebrauchten E-Motor was 'drehen' laesst,
womit man die Rollos morgens im Bette liegend elektrisch 'hoch-
nudeln' lassen kann (solche Konstruktionen machen im allgemei-
nen einen laerm, als haette man die alte Tante Ju am Fliegenfae-
nger kleben).
Sie sind uebrigens nicht nur ungeschickt, die Genossen, sondern
auch noch sendungsbewuster als der seelige Professor Grzimek und
die Hare-Krishnas zusammen. Man traut sich kaum noch (doch, man
traut sich schon, man wird nur massiv daran gehindert), einen
Klempner zu rufen, wenn der Wasserhahn tropft. Es gibt Helfer an
allen Ecken und Enden. Und wie man sich verhaelt, man verhaelt
sich falsch: Laesst man sich auf einen der selbsternannten Schrauben-
schluesselnockenwellenselbstbauregalgurus ein, sitzt man gemein-
hin den Rest seines lebens mit dem Pfusch da. Weist man ihm recht-
zeitig in seine Grenzen, hat man sich einen Feind gemacht. Und es
gibt kaum etwas gefaehrlicheres als einen erklaerten Feind mit
Werkzeugkasten.
Hier sei erlaubt, etwas Selbsterlebte zu erzaehlen. Haargenau
mit dem eingangs Zitierten Satz: "Du spinnst wohl, das kann manè
doch selber machen!" liess ich mir von meinem guten Nachbarn,
Herrn Werling, dieser tage verbieten, den Klempner in meine Woh-
nung zu bestellen. Irgendwie tropfte Wasser von irgendwo unter-
halb des Waschbeckens auf den Boden. Herr Werling kam mit eini-
gen Zangen und einem Knaeuel merkwuerdig rauher Wolle in meine
Wohnung. Seitdem steht unter meinem Waschbecken ein Eimer. Wenn
man das Wasser andreht, laeuft es in den Eimer. Herr Werling be-
hauptet, das merkwuerdig gebogene Rohr (dass er 'Knie' nennt) mu-
esse bereits vom Vormieter, dem 'Pfuscher', unsachgemaess einge-
setzt worden sein. Mehr weiss ich darueber nicht. Nur eines weiss
ich: Dieser Tage wird ein Klempner gerufen. Mit Schlapphut, Man-
tel und Sonnenbrille von einer Telefonzelle irgendwo in einer an-
deren Stadt.

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